Dr. Jürgen Ennker, ein führender Experte für Aortenklappenchirurgie, erläutert die Auswahl des optimalen Verfahrens für den Aortenklappenersatz. Er geht detailliert auf die Vorteile der stentlosen Medtronic-Freestyle-Klappe ein, die eine überlegene Hämodynamik und eine schnellere Rehabilitation der Patienten ermöglicht. Zudem skizziert Dr. Ennker wesentliche Risikofaktoren der Patienten und erläutert, wie individualisierte Risikoscores die chirurgische Entscheidungsfindung unterstützen, um die Behandlungsergebnisse zu verbessern.
Optimale Techniken des Aortenklappenersatzes und Patientenauswahl
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- Aortenklappenersatztechniken
- Vorteile der Medtronic Freestyle Klappe
- Methoden des Aortenwurzelersatzes
- Vermeidung von Prothesendiskrepanz
- Patientenbezogene Risikofaktoren
- Chirurgische Risikobewertung
- Vollständiges Transkript
Aortenklappenersatztechniken
Laut Dr. Juergen Ennker, MD, beginnt ein erfolgreicher Aortenklappenersatz mit dem Verständnis der individuellen Anatomie und Erkrankung des Patienten. Das Hauptziel ist die Implantation einer Klappe mit möglichst großem Öffnungsdurchmesser, um den Blutfluss zu optimieren und die Druckgradienten über der neuen Klappe zu minimieren. Schwere Verkalkungen, Klappeninsuffizienz oder Aortenwurzelaneurysmen beeinflussen die Wahl der chirurgischen Technik erheblich.
Vorteile der Medtronic Freestyle Klappe
Die Medtronic Freestyle Klappe stellt nach Dr. Ennker einen bedeutenden Fortschritt in der Aortenklappenchirurgie dar. Diese seit 1994 verfügbare stentlose Schweineklappe bietet mehrere Vorteile gegenüber herkömmlichen gestenteten Modellen. Das Fehlen eines Stents ermöglicht einen größeren Innendurchmesser und mehr intraannulären Raum, was zu niedrigeren Druckgradienten und besserer myokardialer Erholung führt.
Patienten erholen sich nach Implantation dieser Klappe schneller als mit konventionellen gestenteten Aortenklappen. Das einzigartige Design erlaubt zudem sowohl den standardmäßigen Aortenklappenersatz als auch komplexere Aortenwurzelverfahren.
Methoden des Aortenwurzelersatzes
Dr. Ennker beschreibt zwei anspruchsvolle Techniken zur Behandlung von Aortenwurzelpathologien mit der Freestyle Klappe. Beim totalen Aortenwurzelersatz wird die native Aortenwurzel vollständig reseziert und die Koronarostien reimplantiert. Bei der Aortenwurzelinklusion wird die Klappe innerhalb der bestehenden Aortenwurzel implantiert, wobei ebenfalls eine Reimplantation der Koronarostien erfolgt.
Beide Methoden behandeln komplexe aneurysmatische Pathologien effektiv und ermöglichen die Implantation einer größeren, leistungsfähigeren Prothese. Dr. Anton Titov, MD, diskutiert mit Dr. Ennker die Bedeutung dieser fortgeschrittenen chirurgischen Ansätze bei Aortenwurzelerkrankungen.
Vermeidung von Prothesendiskrepanz
Die Patient-Prothesen-Diskrepanz ist eine große Herausforderung, besonders bei Patienten mit kleinen annulären Durchmessern. Die Freestyle Klappe löst dieses Problem durch ihr anpassungsfähiges Design: Chirurgen können in den nicht-koronaren Sinus einschneiden, um die Aortenwurzel effektiv zu vergrößern.
So lässt sich eine Klappe implantieren, die ein bis zwei Größen größer ist als mit konventionellen gestenteten Klappen. Dies führt zu signifikant verbesserter Hämodynamik und besseren Überlebensraten. Dr. Ennker betont, dass dieser Ansatz einen großen Fortschritt bei schwierigen anatomischen Situationen darstellt.
Patientenbezogene Risikofaktoren
Dr. Ennker nennt mehrere kritische patientenseitige Risikofaktoren für den Erfolg der Aortenklappenchirurgie. Hohes Alter erhöht das chirurgische Risiko ebenso wie Begleiterkrankungen wie Nieren- oder Lungenerkrankungen. Reoperationen und vorangegangene Myokardinfarkte bedeuten erhöhte Komplexität.
Der Schweregrad der Herzinsuffizienz (NYHA-Klasse II-IV) beeinflusst die Risikobewertung erheblich. Dr. Titov und Dr. Ennker betonen, dass diese Faktoren bei der Operationsplanung und Patientenberatung sorgfältig evaluiert werden müssen.
Chirurgische Risikobewertung
Das Team von Dr. Ennker verwendet validierte Risikoscores wie den euroSCORE in Europa und den Parsonnet-Score in den USA. Diese bewerten multiple Patientenvariablen, um das individuelle Risiko zu berechnen.
In der Lahr Klinik basieren diese Berechnungen auf der Erfahrung aus über 15.000 Herzoperationen und liefern äußerst genaue Vorhersagen. Dieser datengestützte Ansatz ermöglicht Patienten vollständig informierte Entscheidungen auf Basis ihres persönlichen Risikoprofils.
Vollständiges Transkript
Dr. Anton Titov, MD: Beginnen wir mit dem Aortenklappenersatz. Lassen Sie uns über die Risiken der Operation sprechen. Sie haben tausende Aortenklappenersätze durchgeführt und verschiedene Techniken angewendet. Wie passen Sie Patienten der besten chirurgischen Methode an? Was sind die Risikofaktoren? Wie minimieren Sie die chirurgischen Risiken?
Dr. Juergen Ennker, MD: Der Patient ist natürlich der wichtigste Risikofaktor. Entscheidend ist, die anatomische Situation der Aortenklappe zu verstehen: Gibt es starke Verkalkungen? Liegt eine reine Klappeninsuffizienz vor? Unser Ziel ist, die erkrankte Klappe durch eine mit möglichst großem Öffnungsdurchmesser zu ersetzen.
Dr. Juergen Ennker, MD: Ich entdeckte die Medtronic Freestyle Aortenklappe, die 1994 auf den Markt kam. Seit 1996 implantiere ich diese stentlose Schweineklappenwurzel. Sie ist antigenbehandelt und kommt ohne Stent aus, was den Innendurchmesser vergrößert.
Patienten erhalten so eine Klappe mit größerem Innendurchmesser und intraannulärem Raum. Das bedeutet niedrigere Gradienten und schnellere Erholung des Myokards – und des Patienten.
Dr. Juergen Ennker, MD: Ein weiteres Plus: Die Freestyle Klappe wird als komplette Aortenwurzel geliefert. So kann sie sowohl für den Wurzelersatz bei Aneurysmen als auch für zwei Techniken genutzt werden.
Beim totalen Aortenwurzelersatz resezieren wir die native Wurzel und reimplantieren die Koronarostien. Bei der Aortenwurzelinklusion implantieren wir die Klappe innerhalb der bestehenden Wurzel und reimplantieren ebenfalls die Koronarostien.
Dr. Juergen Ennker, MD: Eine weitere Indikation ist die Patient-Prothesen-Diskrepanz bei kleinen annulären Durchmessern. Die Freestyle Klappe eignet sich hervorragend für die Aortenwurzelvergrößerung: Durch Einschneiden in den nicht-koronaren Sinus können wir eine größere Klappe implantieren als mit gestenteten Modellen.
So lässt sich die Wurzel um ein bis zwei Größen vergrößern – ein großer Vorteil für besseres Überleben und bessere Ergebnisse gegenüber routinegestenteten Klappen.
Dr. Anton Titov, MD: Vielen Dank für den Überblick. Sie haben patientenseitige Risikofaktoren identifiziert, die den Erfolg vorhersagen – insbesondere das Alter. Was sind diese Risikofaktoren?
Dr. Juergen Ennker, MD: Wir nutzen Risikoscores wie den euroSCORE in Europa oder den Parsonnet-Score in den USA. Diese berücksichtigen Alter, Nieren- und Lungenerkrankungen, Reoperationen, den Herzstatus nach NYHA (Klasse 2–4) und vorangegangene Infarkte.
Dr. Anton Titov, MD: Gibt es vorangegangene Myokardinfarkte?
Dr. Juergen Ennker, MD: Ja, verschiedene Variablen fließen in die Risikoberechnung ein. In der Lahr Klinik geben wir Patienten auf Basis von über 15.000 Herzoperationen einen individuellen Risikoscore. So kann jeder based auf seinem persönlichen Risikoprofil eine informierte Entscheidung für oder gegen die Operation treffen. Das sollten wir allen Herzchirurgiepatienten mitteilen.