Dr. Marc Lippman, ein führender Experte für Immuntherapie bei Brustkrebs, erläutert den aktuellen Stand und die Grenzen von Immun-Checkpoint-Inhibitoren in der Behandlung von Brustkrebs. Er hebt die qualitativen Unterschiede im Ansprechen im Vergleich zu Krebsarten wie dem Melanom hervor. Dr. Lippman diskutiert die kürzlich veröffentlichten, vielversprechenden, aber schrittweisen Daten aus der Keynote-Adjuvansstudie beim triple-negativen Brustkrebs. Zwar seien die Ergebnisse praxisverändernd, betont er, doch seien sie kein Wundermittel. Abschließend folgert er, dass Brustkrebs wahrscheinlich andere Formen der Immuntherapie benötigt, um ähnlich durchschlagende Erfolge wie bei anderen Tumorarten zu erzielen.
Immuntherapie bei Brustkrebs: Aktuelle Erfolge und zukünftige Richtungen
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- Überblick zur Immuntherapie bei Brustkrebs
- Unterschiede im Ansprechen auf Checkpoint-Inhibitoren
- Immuntherapie beim triple-negativen Brustkrebs
- Ergebnisse der Keynote-Adjuvans-Studie
- Zukunft der Brustkrebs-Immuntherapie
- Vollständiges Transkript
Überblick zur Immuntherapie bei Brustkrebs
Die Immuntherapie markiert einen bedeutenden Fortschritt in der modernen Onkologie. Dr. Marc Lippman, ein führender Experte auf diesem Gebiet, gibt entscheidende Einblicke in ihre Anwendung bei Brustkrebs. Patientinnen und Befürworter zeigen oft große Begeisterung für immuntherapeutische Ansätze. Viele haben das Gefühl, dass ihr Immunsystem versagt hat, und suchen nach neuen Behandlungsoptionen.
Laut Dr. Lippman konzentriert sich die derzeitige Brustkrebsimmuntherapie vor allem auf Checkpoint-Inhibitoren. Diese Medikamente blockieren Proteine, die verhindern, dass Immunzellen Krebszellen angreifen. Die Immunantwort auf Brustkrebs unterscheidet sich jedoch erheblich von der bei anderen Krebsarten.
Unterschiede im Ansprechen auf Checkpoint-Inhibitoren
Die Ergebnisse der Immuntherapie variieren laut Dr. Lippman stark zwischen verschiedenen Krebsarten. Bei Melanom- und kleinzelligen Lungenkrebspatienten führen Checkpoint-Inhibitoren manchmal zu anhaltenden, vollständigen Remissionen. Diese können auch nach Therapieende bestehen bleiben und stellen ein potenziell kuratives Ergebnis bei metastasierter Erkrankung dar.
Dr. Lippman betont, dass das Ansprechen auf Immuntherapie bei Brustkrebs qualitativ anders ist. Die Aktivierung des Immunsystems erzielt hier nicht die gleichen spektakulären Ergebnisse wie bei anderen Krebsarten. Patienten mit metastasiertem Melanom erreichen mitunter Fünfjahresüberlebensraten, was in der Onkologie bis vor Kurzem undenkbar war.
Immuntherapie beim triple-negativen Brustkrebs
Unter den Brustkrebs-Subtypen spricht der triple-negative Brustkrebs am ehesten auf Immuntherapie an. Dennoch bleiben die Ergebnisse laut Dr. Lippman auch in dieser Gruppe bescheiden. Checkpoint-Inhibitoren können bei metastasiertem triple-negativem Brustkrebs leichte Steigerungen der Ansprechraten bewirken.
Verbesserungen der Behandlungsdauer sind in der Regel ebenfalls schrittweise und nicht transformativ. Dr. Anton Titov besprach diese Einschränkungen mit Dr. Lippman während ihres Gesprächs. Die Interaktionen des Immunsystems mit triple-negativem Brustkrebs scheinen grundlegend anders zu sein als bei anderen Krebsarten.
Ergebnisse der Keynote-Adjuvans-Studie
Die kürzlich durchgeführte Keynote-Studie stellt einen wichtigen Meilenstein in der Brustkrebsimmuntherapie dar. Dr. Lippman erörtert diese praxisverändernde Studie, die im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde. Sie untersuchte Checkpoint-Inhibitoren bei triple-negativem Brustkrebs im adjuvanten Setting.
Dr. Lippman bestätigt, dass die Daten positiv sind und die klinische Praxis beeinflussen werden. Die meisten Onkologen werden nun Immuntherapie zu Standardbehandlungsregimen hinzufügen. Allerdings weist er auf wichtige Einschränkungen hin: Überlebensdaten stehen noch aus, und die Verbesserung ist schrittweise, nicht spektakulär.
Zukunft der Brustkrebs-Immuntherapie
Laut Dr. Lippman erfordert Brustkrebs andere immuntherapeutische Ansätze. Aktuelle Checkpoint-Inhibitoren allein können vermutlich nicht die dramatischen Reaktionen hervorrufen, die bei anderen Krebsarten beobachtet werden. Die einzigartigen Aspekte der Brustkrebsimmunologie bedürfen weiterer Erforschung und eines besseren Verständnisses.
Dr. Lippman ist überzeugt, dass zukünftige Erfolge von anderen Formen der Immuntherapie abhängen werden. Kombinationsansätze oder neuartige immunmodulatorische Substanzen könnten bessere Ansprechraten ermöglichen. Dr. Titov und Dr. Lippman sind sich einig, dass zwar Fortschritte erzielt werden, die Brustkrebsimmuntherapie jedoch ein sich entwickelndes Feld mit erheblichem Potenzial bleibt.
Vollständiges Transkript
Dr. Marc Lippman: Die Immuntherapie macht bei mehreren Krebsarten enorme Fortschritte. Sie wird sicherlich auch bei Brustkrebs eingesetzt. Sie haben wichtige Arbeiten zum Östrogenrezeptor und zur Immuntherapie bei Brustkrebs durchgeführt. Sie haben die Östrogenrezeptor-Signalgebung bei der Unterdrückung der Immunantwort auf Krebs untersucht.
Dr. Anton Titov: Könnten Sie die Immuntherapie in der Brustkrebsbehandlung erläutern?
Dr. Marc Lippman: Immuntherapie bei Brustkrebs ist sehr attraktiv. Die Menschen lieben sie. Die meisten Frauen befürworten die Immuntherapie. Sie haben das Gefühl, dass ihr Immunsystem versagt hat. Sie sind sehr begeistert von klinischen Studien zur Immuntherapie.
Betrachtet man die Klasse der Immuntherapeutika für Brustkrebs, so sind meiner Meinung nach derzeit nur Checkpoint-Inhibitoren relevant. Die Daten sind hier qualitativ – nicht quantitativ – anders als bei anderen Tumoren.
Nehmen wir Checkpoint-Inhibitoren, die Patienten mit kleinzelligem Lungenkrebs oder Melanom erhalten. Nicht alle Patienten profitieren davon. Aber viele derjenigen, die ansprechen, zeigen anhaltende, vollständige Remissionen, die auch nach Therapieende bestehen bleiben können.
Bei diesen Tumoren wurde etwas in Gang gesetzt, das das Immunsystem entblockt und zur vollständigen Kontrolle geführt hat. Es ist wundersam. Es ist wunderbar. Leider gilt dies nicht für alle Melanompatienten.
Aber es gibt eine große Untergruppe, die jetzt fünf Jahre oder länger mit metastasiertem Melanom überlebt – was früher ein Todesurteil war. Ist das nicht fantastisch?! Brustkrebs tut das nicht.
Nehmen Sie Checkpoint-Inhibitoren, selbst beim triple-negativen Brustkrebs, der im metastasierten Setting besser anspricht. Man sieht leichte Steigerungen der Ansprechrate oder der Ansprechdauer. Aber die Ergebnisse sind meiner Meinung nach nicht enorm.
Die Ergebnisse halten bei Brustkrebs nicht lange an. Nun, gerade diese Woche wurde die Keynote-Studie im New England Journal of Medicine veröffentlicht. Sie untersuchte einen Immun-Checkpoint-Inhibitor bei triple-negativem Brustkrebs im adjuvanten Setting. Und die Daten sind positiv. Und sie verändern die Praxis.
Ich habe dies mit meinen Kollegen besprochen, und die meisten sagen: "Okay, wir werden das tun. Wir werden die Immuntherapie hinzufügen." Aber es gibt noch keine Überlebensdaten. Und wenn man das Gesamtergebnis betrachtet, ist es nicht wundersam. Es ist eine Verbesserung. Eine schrittweise Verbesserung.
Ich versuche nicht, es herabzuwürdigen. Und ich sage nicht, man solle es nicht tun. Aber es scheint, dass es bei Brustkrebs andere Aspekte des Immunsystems gibt, die qualitativ anders sind als bei vielen anderen Krebsarten.
Diese Unterschiede müssen noch vollständig aufgeklärt werden. Daher glaube ich, dass es anderer Interventionen, möglicherweise anderer Formen der Immuntherapie, bedarf, um Brustkrebs derzeit zum Ansprechen zu bringen. Ich glaube einfach nicht, dass die Immuntherapie hier den gleichen Erfolg bringt wie bei anderen Tumorarten.