Neue Therapieoptionen bei hormonrezeptorpositivem metastasiertem Brustkrebs nach Versagen der Erstlinientherapie

Neue Therapieoptionen bei hormonrezeptorpositivem metastasiertem Brustkrebs nach Versagen der Erstlinientherapie

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Diese Übersichtsarbeit beleuchtet neue Therapieoptionen für hormonrezeptorpositive, HER2-negative metastasierte Mammakarzinome, insbesondere nach Resistenzentwicklung gegen CDK4/6-Inhibitoren in Kombination mit endokriner Therapie. Zentrale Erkenntnisse zeigen, dass die Fortführung von CDK4/6-Inhibitoren über die Progression hinaus oder der Wechsel zu zielgerichteten Therapien basierend auf genetischen Tests deutliche Vorteile bieten kann. Bestimmte Kombinationen verlängern das progressionsfreie Überleben im Vergleich zu Standardtherapien um mehrere Monate.

Neue Behandlungsoptionen bei hormonrezeptorpositivem metastasiertem Brustkrebs nach Versagen der Ersttherapie

Inhaltsverzeichnis

Einführung: Verständnis von hormonrezeptorpositivem Brustkrebs

Brustkrebs ist weltweit die am häufigsten diagnostizierte Krebsart und macht 24,5 % aller neuen Krebsfälle aus. Dank Früherkennung durch Mammographie-Screening und verbesserter Behandlungsmöglichkeiten bei lokal begrenzten Erkrankungen sind die Sterblichkeitsraten deutlich gesunken.

Etwa 70–80 % aller Brustkrebsfälle sind östrogenrezeptorpositiv (ER-positiv), und 65 % davon zusätzlich progesteronrezeptorpositiv (PR-positiv). Diese hormonrezeptorpositiven Tumore sprechen auf Medikamente an, die entweder den ER-Signalweg blockieren oder die Östrogenproduktion hemmen.

Trotz dieser Fortschritte bleibt die Entwicklung von Resistenzen gegen die endokrine Therapie eine große Herausforderung. Die Kombination neuer endokriner Therapien mit zielgerichteten Medikamenten, insbesondere CDK4/6-Inhibitoren, hat die Langzeitergebnisse erheblich verbessert und den Behandlungsansatz bei metastasiertem Brustkrebs revolutioniert.

CDK4/6-Inhibitoren: Aktuelle Standardtherapie

CDK4/6-Inhibitoren haben die Behandlung von hormonrezeptorpositivem, HER2-negativem metastasiertem Brustkrebs grundlegend verändert. Diese Medikamente wirken als Zellzyklusblocker, indem sie die Downstream-Effekte des CDK4/6-Cyclin-D-Komplexes unterdrücken, einen Zellzyklusarrest in der G1-Phase auslösen und so den Eintritt in die S-Phase und die anschließende DNA-Synthese verhindern.

In großen klinischen Studien – PALOMA-2, MONALEESA-2, MONARCH-3 und MONALEESA-7 – zeigten alle drei verfügbaren CDK4/6-Inhibitoren (Palbociclib, Ribociclib und Abemaciclib) in Kombination mit endokriner Therapie konsistent Verbesserungen des progressionsfreien Überlebens (PFS) als Erstlinientherapie bei postmenopausalen und prämenopausalen Frauen.

Für Ribociclib in Kombination mit endokriner Therapie wurden in den Studien MONALEESA-7 und -2 signifikante Vorteile im Gesamtüberleben berichtet. In der MONARCH-3-Studie zeigte Abemaciclib eine numerische Verbesserung des medianen Gesamtüberlebens um 13,1 Monate, die jedoch nicht statistisch signifikant war. Für Palbociclib als Erstlinientherapie wurde in der PALOMA-2-Studie kein signifikanter Vorteil im Gesamtüberleben beobachtet.

Entstehung von Therapieresistenzen

Resistenzen gegen endokrine Therapien entwickeln sich durch mehrere Mechanismen. Die drei Hauptprozesse umfassen Veränderungen des Östrogenrezeptors selbst (Amplifikationen, Fusionen oder Mutationen im ESR1-Gen, das für ERα kodiert), Aberrationen in Regulatoren des ER-Signalwegs und Veränderungen in anderen Signalkaskaden wie der Hyperaktivierung von Wachstumsfaktorrezeptoren.

ESR1-Mutationen in der Ligandenbindungsdomäne gehören zu den häufigsten genetischen Ereignissen, die ERα betreffen und zum Versagen der endokrinen Therapie führen. Diese Mutationen treten bei etwa 5 % der ER-positiven/HER2-negativen metastasierten Brustkrebsfälle auf. Zusätzlich wurden größere chromosomale Aberrationen, die das ESR1-Gen betreffen, bei endokrintherapieresistentem Brustkrebs beschrieben.

Resistenzen gegen CDK4/6-Inhibitoren entwickeln sich durch verschiedene Mechanismen, einschließlich Veränderungen in Genen, die die Zellzyklusregulation kontrollieren, Aktivierung alternativer Signalwege und Veränderungen in transkriptionellen und epigenetischen Modifikatoren. Spezifische Resistenzmechanismen umfassen:

  • Überexpression oder Amplifikation des CCND1-Gens (kodiert für Cyclin D1), häufig bei Patienten mit Resistenz gegen CDK4/6-Inhibitoren gefunden
  • Überexpression des CCNE1-Gens (kodiert für Cyclin E1), verbunden mit begrenztem Ansprechen auf Palbociclib
  • Aktivierende Mutationen in kritischen Domänen von CDK4/6 selbst
  • Inaktivierende Mutationen oder Verlust des RB1-Gens (Retinoblastom-Protein)
  • Mutationen in AKT1-, AURKA- und KRAS-Genen, die in CDK4/6-Inhibitor-resistenten Tumoren gefunden wurden

Therapiestrategien nach CDK4/6-Inhibitor-Progression

Nach einem Fortschreiten der Erkrankung unter CDK4/6-Inhibitor-Therapie gibt es bisher keine etablierte Sequenz für nachfolgende Systemtherapien. Mögliche Optionen sind der Wechsel zu einer anderen endokrinen Monotherapie, die Fortführung von CDK4/6-Inhibitoren über die Progression hinaus, endokrine Therapie in Kombination mit Everolimus (ein mTOR-Inhibitor) oder Kombinationstherapien, die auf spezifische genetische Alterationen abzielen.

Betrachtet man die fünf großen randomisierten Studien (MONALEESA-2/7, MONARCH-3 und PALOMA-1/2), erhielten Patienten mit Progression nach Erstlinientherapie mit CDK4/6-Inhibitoren in 65 % der Fälle (Bereich 48–83 %) eine endokrine Monotherapie, in 44 % der Fälle (Bereich 32–73 %) Chemotherapie, in bis zu 38 % der Fälle (Durchschnitt 18 %) CDK4/6-Inhibitoren und in 17 % der Fälle (Bereich 14–24 %) mTOR-Inhibitoren.

In der aktuellen Praxis bietet die endokrine Monotherapie ein kurzes progressionsfreies Überleben von weniger als 3 Monaten, was die Erforschung alternativer therapeutischer Ansätze erforderlich macht, die bessere Ergebnisse für Patienten bieten können, die unter initialer CDK4/6-Inhibitor-Therapie progredient waren.

Fortführung von CDK4/6-Inhibitoren über die Progression hinaus

Die Fortführung der CDK4/6-Inhibitor-Behandlung über die initiale Progression hinaus wurde als potenzielle Strategie untersucht. Die randomisierte Phase-II-Studie MAINTAIN berichtete über eine signifikante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens um 2,5 Monate bei Fortführung eines CDK4/6-Inhibitors (Ribociclib) nach Progression in Kombination mit einer anderen endokrinen Therapie.

Konkret betrug das mediane progressionsfreie Überleben 5,29 Monate gegenüber 2,76 Monaten (Hazard Ratio 0,59; 95 %-Konfidenzintervall 0,39–0,95; p=0,006) im Vergleich zum Arm mit gewechselter endokriner Therapie plus Placebo. Die meisten Patienten (83 %) waren zuvor mit einem anderen CDK4/6-Inhibitor (Palbociclib) behandelt worden.

Im Gegensatz dazu wurde in der randomisierten Phase-II-Studie PACE kein Vorteil beobachtet, wenn Palbociclib mit Fulvestrant über die Progression unter einem vorherigen CDK4/6-Inhibitor hinaus fortgesetzt wurde, weder im progressionsfreien Überleben (median 4,6 vs. 4,8 Monate, Hazard Ratio 1,11) noch im Gesamtüberleben (median 24,6 vs. 27,5 Monate, Hazard Ratio 1,02).

Ebenso verbesserte in der PALMIRA-Studie die erneute Gabe des CDK4/6-Inhibitors Palbociclib plus endokrine Therapie im Vergleich zur alleinigen endokrinen Therapie bei mit Palbociclib vorbehandelten Patienten das progressionsfreie Überleben nicht. Das mediane progressionsfreie Überleben betrug 4,9 Monate in der Behandlungsgruppe gegenüber 3,6 Monaten in der Kontrollgruppe (Hazard Ratio 0,84; 95 %-Konfidenzintervall 0,66–1,07; p=0,149).

Zielgerichtete Therapie des PI3K/AKT/mTOR-Signalwegs

Eine weitere Strategie ist die Zielrichtung auf andere Signalwege, wie das PI3K/AKT/mTOR-Signalsystem. Dieser Weg ist entscheidend für Tumorwachstum, Proliferation und Überleben, und seine Aktivierung kann Resistenz gegen endokrine Therapie fördern. Somatische PIK3CA-Mutationen sind relativ frühe Ereignisse in der Brusttumorgenese und liegen bei etwa 30–50 % der Patienten mit HR-positivem/HER2-negativem metastasiertem Brustkrebs vor.

In der Phase-III-Studie SOLAR-1, die die Addition von Alpelisib (ein PI3Kα-spezifischer Inhibitor) zu Fulvestrant untersuchte, wurden postmenopausale Patienten mit Resistenz gegen vorherige endokrine Therapie eingeschlossen. Bei Patienten mit einer Mutation im PIK3CA-Gen zeigte die Kombination von Alpelisib plus Fulvestrant im Vergleich zu Fulvestrant allein ein signifikant verbessertes progressionsfreies Überleben (11,0 vs. 5,7 Monate; Hazard Ratio 0,65; 95 %-Konfidenzintervall 0,50–0,85; p=0,00065).

In der finalen Gesamtüberlebensanalyse gab es zwar keine statistisch signifikante Verbesserung (Hazard Ratio 0,86; 95 %-Konfidenzintervall 0,64–1,15; p=0,15), aber das Gesamtüberleben war bei den Patienten, die dem Alpelisib-Arm randomisiert wurden, um 7,9 Monate verlängert. Nur ein kleiner Prozentsatz (6 %) der in die SOLAR-1-Studie eingeschlossenen Population war zuvor mit einem CDK4/6-Inhibitor behandelt worden.

Die nachfolgende Phase-II-Studie BYLieve bestätigte, dass die Addition von Alpelisib zur endokrinen Therapie bei Patienten mit HR-positivem/HER2-negativem metastasiertem Brustkrebs mit einer PIK3CA-Mutation wirksam ist, die zuvor mit einer Kombination aus CDK4/6-Inhibitoren und endokriner Therapie behandelt worden waren.

Bedeutung für Patientinnen

Diese Erkenntnisse haben bedeutende Implikationen für Patientinnen mit hormonrezeptorpositivem, HER2-negativem metastasiertem Brustkrebs, die unter CDK4/6-Inhibitor-Therapie progredient waren. Die Forschung zeigt, dass Behandlungsstrategien auf Basis der spezifischen genetischen Charakteristika jedes Patiententumors personalisiert werden müssen.

Genetische Tests von rezidivierenden und/oder metastatischen Läsionen durch Tumor- und/oder Flüssigbiopsien können das Ansprechen oder die Resistenz gegen spezifische Medikamente vorhersagen und so die beste therapeutische Strategie für jede Patientin vorschlagen. Dies könnte die Zielrichtung auf den veränderten ER-abhängigen Signalweg mit neuartigen oralen selektiven Östrogenrezeptor-Degradern (SERDs) und einer neuen Generation von Antiöstrogenen oder alternative ER-unabhängige Signalwege umfassen.

Für Patienten mit PIK3CA-Mutationen zeigt die Kombinationstherapie mit PI3K-Inhibitoren wie Alpelisib vielversprechende Ergebnisse. Für diejenigen mit Keimbahn-BRCA1/2-Mutationen können PARP-Inhibitoren wie Olaparib oder Talazoparib wirksame Optionen sein. Diese Wirkstoffe werden als Einzelsubstanzen und in Kombination mit anderen zielgerichteten Therapien untersucht und bieten vielversprechende Ansätze, um Therapieversagen zu überwinden oder zu vermeiden.

Studieneinschränkungen und Überlegungen

Obwohl diese Ergebnisse vielversprechend sind, sollten mehrere Einschränkungen berücksichtigt werden. Die Studien haben relativ kurze Nachbeobachtungszeiträume für Gesamtüberlebensdaten, und einige Studien hatten kleine Stichprobengrößen für spezifische Patientensubgruppen. Zusätzlich können die verschiedenen CDK4/6-Inhibitoren unterschiedliche Wirksamkeitsprofile aufweisen, was direkte Vergleiche erschwert.

Die differenzielle Wirksamkeit verschiedener CDK4/6-Inhibitoren bleibt unklar und könnte auf multiple Faktoren zurückzuführen sein, einschließlich unterschiedlicher Pharmakokinetik, variabler Pharmakodynamik, Unterschiede in Studienpopulationen, fehlender Überlebensdaten oder Therapieabbruch aufgrund von Nebenwirkungen. Palbociclib, Ribociclib und Abemaciclib zeigten ähnliche Pharmakokinetik, aber variable Pharmakodynamik, wobei Ribociclib und Abemaciclib selektiver gegenüber CDK4 als CDK6 sind.

Zusätzlich bleibt die optimale Behandlungssequenz nach CDK4/6-Inhibitor-Progression kontrovers, und weitere Forschung ist notwendig, um klare Leitlinien für Kliniker und Patienten zu etablieren, die dieser Therapieherausforderung gegenüberstehen.

Empfehlungen für Patientinnen und nächste Schritte

Für Patientinnen mit hormonrezeptorpositivem, HER2-negativem metastasiertem Brustkrebs, der unter CDK4/6-Inhibitor-Therapie progredient war, sollten mehrere Ansätze in Betracht gezogen werden:

  1. Genetische Testung: Besprechen Sie eine umfassende genetische Untersuchung Ihres Tumors (mittels Gewebe- oder Flüssigbiopsie), um spezifische Mutationen zu identifizieren, die die Behandlungsentscheidungen leiten könnten
  2. Klinische Studien: Erwägen Sie die Teilnahme an klinischen Studien, die neuartige Kombinationen und zielgerichtete Therapien untersuchen
  3. Zielgerichtete Ansätze: Falls die genetische Testung spezifische Mutationen (PIK3CA, BRCA etc.) aufdeckt, besprechen Sie zielgerichtete Therapieoptionen mit Ihrem Onkologen
  4. Fortgesetzte CDK4/6-Inhibition: In einigen Fällen kann die Fortsetzung oder der Wechsel zu einem anderen CDK4/6-Inhibitor vorteilhaft sein, insbesondere basierend auf den Ergebnissen des genetischen Profilings
  5. Kombinationstherapien: Erkunden Sie Kombinationsansätze, die mehrere Signalwege gleichzeitig adressieren

Patienten sollten offene Gespräche mit ihrem Behandlungsteam über die potenziellen Vorteile und Risiken jedes Ansatzes führen, unter Berücksichtigung ihrer spezifischen Krebsmerkmale, vorheriger Behandlungen, des allgemeinen Gesundheitszustands und persönlicher Präferenzen.

Quelleninformationen

Originaler Artikelitel: Neue Behandlungsstrategien für hormonrezeptorpositives (HR+), HER2-negatives metastasiertes Mammakarzinom

Autoren: Antonella Ferro, Michela Campora, Alessia Caldara, Delia De Lisi, Martina Lorenzi, Sara Monteverdi, Raluca Mihai, Alessandra Bisio, Mariachiara Dipasquale, Orazio Caffo, Yari Ciribilli

Veröffentlichung: Journal of Clinical Medicine 2024, 13(12), 3611

Hinweis: Dieser patientenfreundliche Artikel basiert auf peer-reviewter Forschung und zielt darauf ab, komplexe wissenschaftliche Informationen in zugängliche Inhalte für gebildete Patienten zu übersetzen. Konsultieren Sie stets Ihr Behandlungsteam für personalisierte medizinische Beratung.