Neue orale Therapien für metastasierte, hormonrezeptorpositive Brustkrebserkrankungen: Die nächste Generation der Behandlung

Neue orale Therapien für metastasierte, hormonrezeptorpositive Brustkrebserkrankungen: Die nächste Generation der Behandlung

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Dieser umfassende Übersichtsartikel beleuchtet, wie neue orale Medikamente – sogenannte selektive Östrogenrezeptor-Degrader (SERDs) – die Behandlung des metastasierten, hormonrezeptorpositiven Brustkrebses verändern. Studien zeigen, dass bis zu 40 % der Patientinnen nach einer vorherigen Aromatasehemmer-Therapie ESR1-Mutationen entwickeln, die zu Therapieresistenzen führen. Neuartige orale SERDs wie Elacestrant erweisen sich jedoch als vielversprechend im Umgang mit dieser Resistenz. Die EMERALD-Studie belegte bessere Behandlungsergebnisse mit Elacestrant im Vergleich zu Standardtherapien und gibt damit Patientinnen neue Hoffnung, deren Krebs unter konventionellen endokrinen Behandlungen fortgeschritten ist.

Nächste Generation der Brustkrebsbehandlung: Neue orale Therapien bei metastasierender, hormonpositiver Erkrankung

Inhaltsverzeichnis

Einführung: Grundlagen der endokrinen Therapie bei Brustkrebs

Die endokrine Therapie (ET) ist eine zentrale Behandlungsstrategie für östrogenrezeptorpositive (ER+) Brustkrebserkrankungen, die fast 80 % aller neu diagnostizierten Fälle ausmachen. Diese Tumoren exprimieren den Östrogenrezeptor alpha (ERα) und sind auf östrogenvermittelte Wachstumssignale angewiesen, um zu überleben und sich zu vermehren. Zugelassene ET-Wirkstoffe blockieren diese Signalgebung auf unterschiedliche Weise – entweder durch Hemmung der Östrogenproduktion oder durch Störung der Bindung von Östrogen an seinen Rezeptor.

Zu den Hauptgruppen der endokrinen Therapie zählen Aromatasehemmer (AIs) wie Letrozol, Anastrozol und Exemestan, die die Umwandlung von Androgenen in Östrogene im nicht-ovariellen Gewebe blockieren. Bei postmenopausalen Frauen senken AIs wirksam den systemischen Östrogenspiegel. Selektive Östrogenrezeptor-Modulatoren (SERMs) wie Tamoxifen binden kompetitiv an den Östrogenrezeptor (ER) und entfalten gewebeabhängige Wirkungen. Selektive Östrogenrezeptor-Degrader (SERDs) wie Fulvestrant blockieren nicht nur die ER-Aktivität, sondern fördern auch dessen Abbau in der Zelle.

Diese Behandlungen kommen bei prämenopausalen Frauen mit oder ohne Ovariensuppression zum Einsatz. Die Ovariensuppression mittels GnRH-Agonisten senkt bei jüngeren Frauen den zirkulierenden Östrogenspiegel und ermöglicht so den Einsatz von AIs, wenn diese gegenüber Tamoxifen Vorteile in der weiteren Risikoreduktion bieten. Bei Hochrisiko-Frühstadien verbessert die Kombination aus Ovariensuppression und Standard-Adjuvanstherapie das krankheitsfreie Überleben.

Wie Brustkrebs Resistenzen gegen die Behandlung entwickelt

Bei metastasierendem Brustkrebs (MBC) sprechen ER+ Tumoren zwar oft zunächst auf eine endokrine Therapie an, doch schreitet die Erkrankung aufgrund erworbener Resistenzmechanismen unweigerlich fort. Das Ansprechen auf die ET hängt davon ab, ob Patientinnen eine intrinsische oder erworbene endokrine Resistenz aufweisen. Erworbene Resistenz entwickelt sich nach anfänglichem Ansprechen (in der Regel nach sechs oder mehr Monaten unter Therapie), während intrinsisch resistente Tumoren von vornherein nicht ansprechen (meist weniger als 6 Monate).

Forschende haben zwei Hauptkategorien von Resistenzmechanismen identifiziert: ER-vermittelte und ER-unabhängige onkogene Signalwege. Die ER-vermittelte Resistenz umfasst ligandunabhängige Signalgebung, die die Tumorproliferation auch ohne Östrogen antreibt. ER-unabhängige Resistenz nutzt onkogene Signalwege, die die normalen endokrin regulierten Transkriptionspfade umgehen.

Diese Resistenzwege agieren nicht isoliert – eine erhebliche intrazelluläre Kommunikation zwischen ihnen macht die Therapieresistenz komplex. Obwohl wir sie zum besseren Verständnis trennen, interagieren sie in der Krebszelle intensiv. Nur etwa 10 % der Resistenzfälle gehen mit einem vollständigen Verlust der ER-Expression einher. Das bedeutet, dass der Östrogenrezeptor bei den meisten Patientinnen auch bei Resistenzentwicklung ein relevantes therapeutisches Ziel bleibt.

ESR1-Mutationen: Ein Haupttreiber der Therapieresistenz

Mutationen im Östrogenrezeptor 1 (ESR1)-Gen sind ein besonders wichtiger erworbener Mechanismus der endokrinen Resistenz bei ER+ metastasierendem Brustkrebs. Diese Mutationen sind bei primärem Brustkrebs selten (in weniger als 1 % der de novo metastasierenden Tumoren), treten aber nach Therapie gehäuft auf. Bei Rezidiven nach adjuvanter AI-Behandlung finden sich ESR1-Mutationen in 4–8 % der Fälle; nach AI-Therapie im metastasierten Setting weisen etwa 20–40 % der Tumoren eine ESR1-Mutation auf.

Die häufigsten ESR1-Mutationen sind Y537S (in 14–21 % der Fälle) und D538G (in 32–36 %). Mehrere weitere aktivierende Mutationen mit geringerer Inzidenz sind an der Resistenz beteiligt, darunter Y537C, E380Q, S463P, V534E, P535H, L536H, L536P, L536R, L536Q und Y537N. Studien, die serielle zirkulierende Tumor-DNA bei metastasierendem Brustkrebs verfolgen, zeigen eine relativ häufige polyklonale Mutationslast und eine hohe genetische Heterogenität dieser Tumoren.

ESR1-Mutationen betreffen die Ligandenbindungsdomäne des Östrogenrezeptors und stabilisieren ihn in einer aktiven Konformation. Dies fördert die Bindung von Koaktivatoren und steigert die ER-Signaltransduktion – selbst ohne Östrogen. Die biochemischen Veränderungen in der Ligandenbindungsdomäne verringern die Affinität für therapeutische Liganden, einschließlich SERMs und SERDs, und erhöhen die Stabilität gegen proteolytischen Abbau. Unterschiedliche Mutationen verleihen verschiedene Resistenzmuster: Y537S vermittelt eine stärkere Resistenz gegen endokrine Therapien, während D538G ein größeres metastatisches Potenzial mit sich bringt.

ESR1-Fusionen (ESR1-fus) sind seltene, aber bedeutsame Alterationen, die die Ligandenbindungsdomäne vollständ eliminieren und durch konstitutive ER-Transkriptionsaktivität endokrine Resistenz verursachen. Diese Fusionen machen Tumoren wahrscheinlich resistent gegen die meisten aktuellen und zukünftigen ETs, die auf die Ligandenbindungsdomäne abzielen. Sie könnten unterschätzt werden, da viele Bruchpunkte in Introns liegen und durch konventionelle Gentests nicht erfasst werden.

Neue Hormontherapien und klinische Optionen

Da die ER-Signalgebung auch bei Resistenz weiterhin – wenn auch ligandunabhängig – durch onkogene Signaltransduktion reguliert wird, bleibt die Hemmung des ER die zentrale Behandlungsstrategie bei ER+ Brustkrebs. Dieses Verständnis hat das Interesse an neuen endokrinen Therapien geweckt, insbesondere an solchen, die trotz ESR1-Mutationen wirksam bleiben. Mehrere Next-Generation-ET-Wirkstoffe befinden sich derzeit in klinischer Entwicklung und verfolgen unterschiedliche therapeutische Ansätze.

Die Entwicklungspipeline umfasst zahlreiche orale selektive Östrogenrezeptor-Degrader (SERDs), die die pharmakologischen Einschränkungen von Fulvestrant (intramuskuläre Injektion) überwinden sollen. Dazu zählen Elacestrant (RAD1901), Amcenestrant (SAR439859), Camizestrant (AZD9833), Giredestrant (GDC-9545), Imlunestrant (LY3484356), Rintodestrant (G1T48), Borestrant (ZB-716), ZN-c5 und D-0502. Diese Substanzen werden in verschiedenen klinischen Studienphasen für metastasierte, adjuvante und neoadjuvante Settings untersucht.

Weitere neuartige Ansätze umfassen Lasofoxifen (ein SERM), Bazedoxifen (ein SERM/SERD-Hybrid), H3B-6545 (ein selektiver kovalenter Östrogenrezeptor-Antagonist), OP-1250 (ein kompletter Östrogenrezeptor-Antagonist), ARV-471 (eine Proteolyse-targeting Chimäre) und AC682 (ein chimärer ER-Degrader). Diese vielfältige Pipeline repräsentiert innovative Strategien zur Überwindung endokriner Resistenz bei fortgeschrittenem Brustkrebs.

Aktuelle selektive Östrogenrezeptor-Degrader (SERDs)

Fulvestrant war der erste klinisch bedeutsame SERD und gehört zur Standardbehandlung von ER+ metastasierendem Brustkrebs. Es wirkt, indem es die ER-Transkriptionsaktivität antagonisiert, die nukleare Translokation hemmt, den Abbau über den Ubiquitin-Proteasom-Weg fördert und Konformationsänderungen induziert, die die ER-Signalgebung herunterregulieren. Bei metastasierendem Brustkrebs nach vorheriger endokriner Therapie zeigte die 500-mg-Dosis von Fulvestrant im Vergleich zur 250-mg-Dosis ein verbessertes progressionsfreies und Gesamtüberleben.

Die FALCON-Studie belegte, dass Patientinnen mit unbehandeltem fortgeschrittenem Brustkrebs unter Fulvestrant ein signifikant längeres progressionsfreies Überleben hatten als unter Anastrozol (16,6 vs. 13,8 Monate), was zur Zulassung im First-Line-Setting führte. Da ESR1-Mutationen ein bekannter Mechanismus der erworbenen Resistenz gegen Aromatasehemmer sind und diese Patientinnen eine gewisse klinische Sensitivität gegenüber SERDs behalten können, ist die Sequenzierung endokriner Therapielinien eine wichtige klinische Überlegung.

Die Forschung hat widersprüchliche Ergebnisse zum Einfluss von ESR1-Mutationen auf die Fulvestrant-Sensitivität geliefert. Laborstudien zeigen, dass ESR1-mutante Brustkrebsmodelle eine relative (dosisabhängige) Resistenz gegen Fulvestrant aufweisen, wobei 10- bis 50-fach höhere Konzentrationen benötigt werden, um ER-Signalgebung und Tumorwachstum zu hemmen. Klinische Studien hingegen ergaben variable Wirksamkeit von Fulvestrant bei ESR1-mutantem metastasierendem Brustkrebs.

Eine kombinierte Analyse der SoFEA- und EFECT-Studien verglich Fulvestrant mit Exemestan bei metastasierendem Brustkrebs nach Progress unter einem AI. Die Ergebnisse zeigten ein statistisch signifikant schlechteres progressionsfreies Überleben (2,4 vs. 4,8 Monate) und 1-Jahres-Gesamtüberleben bei Patientinnen mit ESR1-Mutationen im Exemestan-Arm. Hingegen wiesen ESR1-mutante und ESR1-Wildtyp-Tumoren unter Fulvestrant ähnliches progressionsfreies Überleben (3,9 vs. 4,1 Monate) und 1-Jahres-Gesamtüberleben auf.

Zukünftige Richtungen und laufende Forschung

Die vielversprechendste Entwicklung bei neuen endokrinen Therapien sind orale SERDs, die die pharmakologischen Einschränkungen von Fulvestrant überwinden und gleichzeitig Wirksamkeit gegen ESR1-mutante Tumoren bewahren sollen. Jüngste Ergebnisse der Phase-III-EMERALD-Studie demonstrierten bessere Outcomes mit dem oralen SERD Elacestrant im Vergleich zu Standard-Antiöstrogen-Therapien bei ER+ metastasierendem Brustkrebs nach vorherigem Progress unter endokriner Therapie.

Diese Studie zeigte insbesondere einen Nutzen bei Patientinnen mit ESR1-Mutationen, was das Potenzial dieser Wirkstoffe unterstreicht, einen Hauptmechanismus der Therapieresistenz zu adressieren. Andere orale SERDs haben in präklinischen und frühen klinischen Studien vielversprechende Ergebnisse geliefert, was darauf hindeutet, dass diese Wirkstoffklasse die Behandlungsoptionen für Patientinnen mit fortgeschrittenem hormonrezeptorpositivem Brustkrebs erheblich erweitern könnte.

Während die klinischen Daten zu diesen Next-Generation-endokrinen Therapien weiter reifen, werden wichtige Fragen zur optimalen Sequenzierung therapeutischer Optionen und zum Einfluss der genomischen und molekularen Tumoreigenschaften auf das Ansprechen auftauchen. Forschende sind besonders daran interessiert zu verstehen, welche Patientinnen am meisten von spezifischen Therapien profitieren und wie diese neuartigen Wirkstoffe am besten mit etablierten zielgerichteten Therapien wie CDK4/6-Inhibitoren kombiniert werden können.

Was bedeutet das für Patientinnen?

Für Patientinnen mit metastasierendem hormonrezeptorpositivem Brustkrebs bedeuten diese Entwicklungen große Hoffnung auf wirksamere Behandlungsoptionen, insbesondere nach Resistenzentwicklung gegen konventionelle Therapien. Die Erkenntnis, dass ESR1-Mutationen bei vielen Patientinnen die Resistenz antreiben, hat zu zielgerichteten Ansätzen geführt, die spezifisch diesen Mechanismus adressieren.

Wichtige Implikationen für Patientinnen umfassen:

  • Weitere Behandlungsoptionen: Die Pipeline neuartiger endokriner Therapien bedeutet mehr potenzielle Optionen, wenn aktuelle Behandlungen nicht mehr wirken.
  • Orale Medikation: Viele neue Medikamente werden oral statt per Injektion eingenommen, was den Komfort und die Lebensqualität verbessert.
  • Personalisierter Ansatz: Das Verständnis des Mutationsstatus eines Tumors (insbesondere ESR1) kann bei der Auswahl der Behandlung helfen.
  • Überwindung von Resistenzen: Diese neuen Medikamente sind speziell dafür entwickelt, auch dann zu wirken, wenn traditionelle endokrine Therapien versagen.

Patientinnen sollten mit ihren Onkologen besprechen, ob eine genetische Testung ihres Tumors (durch Biopsie oder Flüssigbiopsie) bei der Therapieentscheidung helfen könnte, insbesondere wenn sie zuvor eine Aromatasehemmer-Therapie erhalten haben und die Erkrankung fortgeschritten ist.

Studieneinschränkungen und Überlegungen

Obwohl die Entwicklung neuartiger endokriner Therapien einen bedeutenden Fortschritt darstellt, bleiben mehrere Einschränkungen und Überlegungen bestehen. Die Forschung zu ESR1-Mutationen und dem Ansprechen auf die Behandlung hat teilweise widersprüchliche Ergebnisse zwischen Labor und Klinik geliefert, was darauf hindeutet, dass die Beziehung komplex ist und von zusätzlichen Faktoren abhängen könnte.

Zudem bedeutet die relativ junge Erkennung von ESR1-Fusionsereignissen, dass ihre vollständige klinische Bedeutung noch nicht verstanden ist und aktuelle genetische Testansätze diese Veränderungen möglicherweise übersehen. Die optimale Sequenzierung dieser neuartigen Medikamente mit bestehenden Behandlungen wie CDK4/6-Inhibitoren muss durch weitere klinische Forschung bestimmt werden.

Die meisten der diskutierten neueren Medikamente befinden sich noch in klinischen Studien und sind noch nicht breit verfügbar. Patientinnen, die an diesen Behandlungen interessiert sind, müssen möglicherweise nach klinischen Studien suchen oder auf regulatorische Zulassungen und Krankenkassenentscheidungen warten. Wie bei jeder Krebstherapie werden die individuellen Ansprechraten variieren, und nicht alle Patientinnen werden gleichermaßen von diesen neuartigen Ansätzen profitieren.

Quelleninformationen

Originaler Artikelitel: Next-generation selective estrogen receptor degraders and other novel endocrine therapies for management of metastatic hormone receptor-positive breast cancer: current and emerging role

Autoren: Maxwell R. Lloyd, Seth A. Wander, Erika Hamilton, Pedram Razavi, Aditya Bardia

Veröffentlichung: Therapeutic Advances in Medical Oncology, 2022, Vol. 14: 1–25

DOI: https://doi.org/10.1177/17588359221113694

Dieser patientenfreundliche Artikel basiert auf begutachteter Forschung, die in einer wissenschaftlichen medizinischen Zeitschrift veröffentlicht wurde. Er zielt darauf ab, komplexe wissenschaftliche Informationen in zugängliche Sprache zu übersetzen, während alle wichtigen Erkenntnisse, Datenpunkte und klinischen Implikationen der Originalforschung erhalten bleiben.