Die metabolisch-assoziierte Steatotische Lebererkrankung (MASLD) betrifft weltweit bis zu 38 % der Erwachsenen und erhöht das Risiko für Leberzirrhose, Leberkrebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Nierenprobleme erheblich. Neue Therapieansätze wie Resmetirom und Semaglutide zeigen vielversprechende Ergebnisse bei der Behandlung dieser Erkrankung, die eng mit dem Stoffwechsel verbunden ist. Patienten mit mehreren metabolischen Risikofaktoren haben ein erhöhtes Komplikationsrisiko, weshalb Früherkennung und eine umfassende Behandlung entscheidend sind.
Metabolisch assoziierte Steatotische Lebererkrankung (MASLD): Ein umfassender Patientenratgeber
Inhaltsverzeichnis
- Einführung: Was ist MASLD?
- Globale Verbreitung und gesundheitliche Folgen
- Wesentliche Gesundheitsrisiken und Komplikationen
- Diagnose von MASLD
- Krankheitsverlauf und natürliche Entwicklung
- Ursachen und Risikofaktoren
- Aktuelle Behandlungsansätze
- Empfehlungen für Patienten
- Einschränkungen und künftige Forschung
- Quellen
Einführung: Was ist MASLD?
Die metabolisch assoziierte Steatotische Lebererkrankung (MASLD) markiert einen bedeutenden Fortschritt im Verständnis und der Diagnostik von Fettlebererkrankungen. Ursprünglich 1980 als nichtalkoholische Steatohepatitis (NASH) bekannt, wurde die Erkrankung umbenannt, um ihre enge Verbindung zu Stoffwechselstörungen besser zu verdeutlichen.
MASLD entsteht, wenn sich überschüssiges Fett in der Leber ansammelt und mindestens eine Stoffwechselstörung vorliegt, ohne dass signifikanter Alkoholkonsum oder andere bekannte Ursachen für eine Leberverfettung bestehen. Die Erkrankung verläuft in verschiedenen Stadien: von einfacher Fettansammlung über Entzündungen (metabolisch assoziierte Steatohepatitis, MASH) bis hin zu Vernarbungen (Fibrose), Leberzirrhose und schließlich Leberkrebs.
Die Erkenntnis, dass Stoffwechselstörungen sowohl die Entstehung als auch den Verlauf dieser Lebererkrankung maßgeblich beeinflussen, hat zu wichtigen Neuerungen in Diagnostik und Behandlung geführt. Mit verbesserten nicht-invasiven Tests und vielversprechenden Medikamenten, die gezielt in Stoffwechselprozesse eingreifen, besteht heute großes Potenzial, die Langzeitfolgen dieser komplexen Erkrankung zu mildern.
Globale Verbreitung und gesundheitliche Folgen
MASLD ist zur häufigsten chronischen Lebererkrankung weltweit geworden und betrifft etwa 38 % der erwachsenen Bevölkerung. Obwohl nur ein kleiner Teil der Betroffenen schwere Leberkomplikationen entwickelt, führt die hohe Zahl der Erkrankten global zu erheblichen gesundheitlichen Belastungen.
In bestimmten Patientengruppen ist die Prävalenz sogar noch höher. Eine umfassende Analyse von 156 Studien mit rund 1,8 Millionen Menschen mit Typ-2-Diabetes ergab, dass 65 % an MASLD litten (95 %-Konfidenzintervall: 62–68 %) und 32 % an MASH (95 %-Konfidenzintervall: 17–51 %). Diese Zahlen unterstreichen die enge Verbindung zwischen Stoffwechselgesundheit und Lebererkrankungen.
Die globale Belastung durch MASLD hat in den letzten drei Jahrzehnten dramatisch zugenommen. Die Zahl der behinderungsadjustierten Lebensjahre (DALYs), die verlorene Lebensjahre durch vorzeitigen Tod und Jahre mit Beeinträchtigung kombinieren, stieg von 1,69 Millionen im Jahr 1990 auf 3,67 Millionen im Jahr 2021 – eine Steigerung um das 2,2-Fache. Die stärksten Zunahmen verzeichneten China und Indien, wobei die Krankheitslast in Ländern mit mittlerem sozioökonomischem Entwicklungsstand am höchsten war.
Wesentliche Gesundheitsrisiken und Komplikationen
MASLD erhöht das Risiko für verschiedene ernste Gesundheitsprobleme deutlich, die über Lebererkrankungen hinausgehen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache bei Betroffenen; Patienten haben ein 1,5-fach höheres Risiko für tödliche und nicht-tödliche kardiovaskuläre Ereignisse im Vergleich zu Personen ohne Lebererkrankung.
Die Erkrankung steigert auch das Diabetesrisiko erheblich. MASLD erhöht das Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, insgesamt um den Faktor 2,2 und bei Patienten mit fortgeschrittener Lebererkrankung sogar um das 3,4-Fache. Weitere bedeutende Gesundheitsrisiken sind:
- Herzinsuffizienz: 1,5-fach erhöhtes Risiko
- Vorhofflimmern: 1,2-fach erhöhtes Risiko
- Chronische Nierenerkrankung (Stadium 3 oder höher): 1,5-fach erhöhtes Risiko
- Bestimmte Krebserkrankungen außerhalb der Leber: 1,5-fach erhöhtes Risiko, insbesondere gastrointestinale Tumore
- Leberzirrhose oder Leberzellkrebs: 2- bis 10-fach erhöhtes Risiko, abhängig vom Schweregrad
Diese Risiken bestehen auch nach Berücksichtigung traditioneller Risikofaktoren, was darauf hindeutet, dass MASLD unabhängig zu diesen schwerwiegenden Gesundheitsfolgen beiträgt.
Diagnose von MASLD
Die Diagnose von MASLD erfordert zwei Komponenten: den Nachweis einer hepatischen Steatose (Fettleber) sowie mindestens eines von fünf Merkmalen des metabolischen Syndroms, bei Ausschluss von signifikantem Alkoholkonsum oder anderen sekundären Ursachen für Leberverfettung. Die metabolischen Kriterien umfassen:
- Body-Mass-Index (BMI) ≥25 (≥23 bei asiatischen Personen) oder erhöhter Taillenumfang
- Nüchternblutzucker ≥5,6 mmol/L, bestehender Typ-2-Diabetes oder Einnahme von Diabetesmedikamenten
- Blutdruck ≥130/85 mm Hg oder Einnahme blutdrucksenkender Medikamente
- Plasmatriglyzeride ≥1,70 mmol/L oder Einnahme von Triglyzerid-senkenden Medikamenten
- Niedriges HDL-Cholesterin (<1,0 mmol/L bei Männern, <1,3 mmol/L bei Frauen) oder Einnahme von Cholesterinmedikamenten
Ärzte verwenden einen gestuften Ansatz, um Patienten mit dem höchsten Risiko für Leberkomplikationen zu identifizieren. Üblicherweise beginnt der Prozess mit der Berechnung des Fibrose-4 (FIB-4)-Index, der Alter, Leberenzymwerte und Thrombozytenzahl zur Abschätzung des Fibroserisikos heranzieht:
- Niedriges Risiko: FIB-4-Score <1,30 (ca. 50–70 % der getesteten Patienten)
- Unbestimmtes Risiko: FIB-4-Score 1,30–2,67 (ca. 20–40 % der Patienten)
- Hohes Risiko: FIB-4-Score >2,67 (ca. 5–10 % der Patienten)
Patienten mit hohem FIB-4-Score werden usually an einen Hepatologen überwiesen und benötigen weitere Untersuchungen wie vibrationskontrollierte transiente Elastographie (Messung der Lebersteifigkeit) oder Enhanced Liver Fibrosis-Tests.
Krankheitsverlauf und natürliche Entwicklung
Bei etwa 30 % der Betroffenen schreitet MASLD in einem vorhersehbaren Muster fort. Die Erkrankung beginnt mit isolierter Fettansammlung (Steatose) und entwickelt sich über Entzündung (MASH) zu verschiedenen Fibrosestadien:
Der Schweregrad der Fibrose wird auf einer Fünf-Stufen-Skala gemessen: F0 (keine Fibrose), F1 (leichte Fibrose), F2 (signifikante Fibrose), F3 (fortgeschrittene Fibrose) und F4 (Zirrhose). Das Vorliegen einer klinisch signifikanten Fibrose (Stadium F2 oder höher) sagt sowohl die Gesamtsterblichkeit als auch leberbedingte Komplikationen verlässlich voraus.
Die Dauer bis zum Fortschreiten der Erkrankung variiert erheblich: - Von frühem Stadium bis zur Zirrhose: 30–35 Jahre bei F0/F1, 19–20 Jahre bei F2, 5–6 Jahre bei F3 - Jährliche Progressionsraten: 5 % pro Jahr von Steatose zu MASH, 2–18 % pro Jahr zu fortgeschrittener Fibrose, 1–10 % pro Jahr zu Zirrhose - Entwicklung von Leberzellkrebs: 0,5–2,5 % pro Jahr bei Zirrhose, 0,01–0,2 % pro Jahr bei nicht-zirrhotischer MASLD
Wichtig ist, dass sich Leberfibrose zurückbilden kann, was mit einer verbesserten Prognose einhergeht. Dies unterstreicht die Bedeutung frühzeitiger Intervention und Behandlung.
Ursachen und Risikofaktoren
Die Entstehung und das Fortschreiten von MASLD resultieren aus dem komplexen Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Die Hauptursachen sind:
Stoffwechselstörungen: Insulinresistenz, Übergewicht (insbesondere Bauchfett), Typ-2-Diabetes und Bluthochdruck zählen zu den stärksten Treibern. Die Anzahl gleichzeitig vorliegender Stoffwechselstörungen korreliert direkt mit dem Schweregrad der MASLD, wobei Typ-2-Diabetes der bedeutendste Einzelfaktor ist.
Genetische Faktoren: Die Vererbung erklärt etwa 50 % der Variabilität von MASLD. Bestimmte Genveränderungen, insbesondere in den Genen PNPLA3 und TM6SF2, erhöhen das Risiko für Fettansammlung, Entzündung und Fibrose erheblich.
Hormonelle Faktoren: Eine Schilddrüsenunterfunktion erhöht das MASLD-Risiko, während Östrogen schützend wirkt. Dies erklärt teilweise die geschlechtsspezifischen Unterschiede in Häufigkeit und Verlauf der Erkrankung.
Ernährungs- und Lebensstilfaktoren: Hoher Fruktosekonsum, gesättigte und Transfette sowie Alkohol (selbst in Mengen unterhalb der üblichen Grenzwerte) tragen zur Krankheitsentstehung bei. Umgekehrt scheint die mediterrane Ernährung protektiv zu wirken.
Weitere Faktoren: Die Zusammensetzung der Darmflora, epigenetische Einflüsse und bestimmte Medikamente beeinflussen ebenfalls die Entstehung und das Fortschreiten von MASLD.
Aktuelle Behandlungsansätze
Die Behandlung von MASLD erfordert einen umfassenden Ansatz, der sowohl die Lebergesundheit als auch die Stoffwechselfunktion berücksichtigt. Aktuelle Strategien umfassen:
Lebensstiländerungen: Gewichtsreduktion durch Ernährung und Bewegung bleibt grundlegend. Bereits eine moderate Gewichtsabnahme (5–10 % des Körpergewichts) kann Leberfett, Entzündung und Fibrose signifikant verbessern.
Medikamentöse Stoffwechseltherapie: Inkrethinbasierte Therapien, insbesondere GLP-1-Rezeptoragonisten wie Semaglutid (wöchentlich 2,4 mg), zeigen vielversprechende Ergebnisse bei der Behandlung von MASLD und damit verbundenen Stoffwechselkomplikationen. Diese Medikamente greifen an mehreren Stellen des Krankheitsprozesses ein.
Leberspezifische Medikamente: Im März 2024 wurde Resmetirom als erstes Medikament von der FDA für nicht-zirrhotische MASH mit moderater bis fortgeschrittener Fibrose bedingt zugelassen. Dieser thyroidhormonrezeptorbeta-selektive Agonist zielt direkt auf den Leberfettstoffwechsel ab und hat Vorteile für Lebergesundheit und Blutfettwerte gezeigt.
Bariatrische Chirurgie: Bei Patienten mit schwerem Übergewicht können metabolische Eingriffe die Prognose von MASLD durch erhebliche Gewichtsreduktion und Stoffwechselverbesserungen deutlich verbessern.
Behandlungsentscheidungen sollten individuell basierend auf Fibroserisiko, Begleiterkrankungen und Patientenpräferenzen getroffen werden. Regelmäßige Kontrollen und Neubewertungen sind entscheidend für das Langzeitmanagement.
Empfehlungen für Patienten
Basierend auf aktuellen Erkenntnissen sollten Patienten mit MASLD oder entsprechenden Risikofaktoren:
- Regelmäßige Stoffwechselchecks durchführen lassen, inklusive Leberenzymtests, insbesondere bei Typ-2-Diabetes, Übergewicht oder mehreren metabolischen Risikofaktoren
- Den FIB-4-Score mit ihrem Arzt besprechen, um das individuelle Fibroserisiko und die geeignete Überwachungsfrequenz zu bestimmen
- Lebensstiländerungen umsetzen mit Fokus auf Gewichtsmanagement, mediterrane Ernährung und regelmäßige Bewegung
- Alle metabolischen Risikofaktoren angehen durch umfassende Kontrolle von Blutzucker, Blutdruck und Cholesterinwerten
- Neue Behandlungsoptionen in Betracht ziehen bei bestätigter MASH mit signifikanter Fibrose, inklusive Gesprächen über neue Medikamente mit dem Facharzt
- Regelmäßige Nachsorgetermine wahrnehmen, da MASLD kontinuierliches Management und Überwachung sowohl für Leber- als auch andere Komplikationen erfordert
Frühzeitige Intervention bietet die beste Chance, das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern und das Risiko schwerer Leber- und Herz-Kreislauf-Komplikationen zu senken.
Einschränkungen und künftige Forschung
Obwohl das Verständnis von MASLD erheblich fortgeschritten ist, bleiben mehrere wichtige Fragen offen:
Die Genauigkeit globaler Schätzungen zur MASLD-Verbreitung muss verfeinert werden, insbesondere across verschiedene Bevölkerungsgruppen und Gesundheitssysteme hinweg. Weitere Forschung ist nötig, um zu verstehen, wie soziale, wirtschaftliche und geografische Faktoren Häufigkeit und Verlauf der Erkrankung beeinflussen.
Der Zusammenhang zwischen MASLD und kardiovaskulärem Risiko ist zwar belegt, kann jedoch durch genetische Faktoren beeinflusst werden, die den Lipoproteinstoffwechsel verändern. Weitere Studien sind notwendig, um Patientengruppen mit dem höchsten kardiovaskulären Risiko zu identifizieren und bestmöglich zu schützen.
Langzeitdaten zu neuen Medikamenten wie Resmetirom liegen noch nicht vollständig vor. Obwohl Kurzzeitergebnisse vielversprechend sind, muss zusätzliche Forschung bestätigen, dass diese Behandlungen über längere Zeiträume schwere unerwünschte Leberereignisse reduzieren.
Präzisere Methoden zur Identifizierung von Patienten mit hohem Progressionsrisiko würden helfen, Interventionen gezielt einzusetzen. Die Forschung zu verbesserten Biomarkern, bildgebenden Verfahren und genetischen Risikostratifizierungswerkzeugen wird fortgesetzt.
Schließlich ist ein besseres Verständnis dafür nötig, wie leber- und stoffwechselgerichtete Behandlungen kombiniert werden können, um umfassende Therapiestrategien zu entwickeln, die der multisystemischen Natur von MASLD gerecht werden.
Quellen
Originaltitel des Artikels: Metabolic Dysfunction–Associated Steatotic Liver Disease
Autoren: Giovanni Targher, M.D., Luca Valenti, M.D., Christopher D. Byrne, M.B., Ch.B.
Veröffentlichung: The New England Journal of Medicine, 2025;393:683-98
DOI: 10.1056/NEJMra2412865
Dieser patientenfreundliche Artikel basiert auf begutachteter Forschung und zielt darauf ab, die ursprünglichen wissenschaftlichen Inhalte korrekt und verständlich darzustellen. Alle numerischen Daten, Statistiken und Forschungsergebnisse stammen aus der Originalpublikation.