Kolorektales Karzinom: Strahlentherapie. Rektumkarzinom: Radiotherapie. 4

Kolorektales Karzinom: Strahlentherapie. Rektumkarzinom: Radiotherapie. 4

Can we help?

Dr. Torbjorn Holm, MD, ein führender Experte für kolorektale Chirurgie, erläutert, dass die Strahlentherapie bei lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom ein wirksames Instrument darstellt, in frühen Krankheitsstadien jedoch vermieden werden sollte, um erhebliche kurz- und langfristige Nebenwirkungen zu verhindern. Er beschreibt detailliert die Entwicklung der Behandlung von Rektumkarzinomen: von hohen Rezidivraten hin zum modernen Ansatz der Kombination von totaler mesorektaler Exzision mit selektiver präoperativer Chemoradiotherapie, wodurch das Lokalrezidivrisiko auf unter 5 % gesenkt werden konnte.

Optimierung der Behandlung von Rektumkarzinom: Wann ist eine Strahlentherapie notwendig?

Direkt zum Abschnitt

Geschichte der Rektumkarzinom-Behandlung

Dr. Torbjorn Holm, MD, liefert wichtigen historischen Kontext zur Behandlung des Rektumkarzinoms. Er weist darauf hin, dass die Behandlungsergebnisse international bis Mitte der 1990er-Jahre unbefriedigend waren. Das Risiko eines Lokalrezidivs – also des Wiederauftretens des Tumors im Becken nach der Operation – lag alarmierend hoch bei 25 bis 30 %, selbst wenn Chirurgen von einer radikalen Operation ausgingen.

Diese hohe Misserfolgsrate führte in den 1980er-Jahren zur Initiierung klinischer Studien in Stockholm. Ziel war es, Strategien wie die Strahlentherapie zu entwickeln, um die unbefriedigenden Ergebnisse zu verbessern und die Rezidivraten zu senken.

Auswirkung der Strahlentherapie auf Rezidive

Die schwedischen Rektumkarzinom-Studien markierten einen Meilenstein in der Onkologie. Dr. Torbjorn Holm, MD, erläutert, dass Patienten randomisiert entweder nur operiert oder präoperativ bestrahlt und dann operiert wurden.

Die Ergebnisse waren bahnbrechend: Eine Strahlentherapie vor dem Eingriff halbierte das Lokalrezidivrisiko. Die Rezidivrate sank von etwa 25 % auf rund 12 %, was die Wirksamkeit der neoadjuvanten Strahlentherapie beim Rektumkarzinom belegte.

Rolle der TME-Chirurgie

Ein weiterer chirurgischer Durchbruch revolutionierte die Behandlung. Dr. Torbjorn Holm, MD, würdigt den Beitrag von Professor Bill Heald, der die Technik der totalen mesorektalen Exzision (TME) entwickelte.

Diese präzise Methode umfasst die Entfernung des gesamten Mesorektums – des Fettgewebes um das Rektum mit den darin liegenden Lymphknoten. Die Kombination von TME und Strahlentherapie erzielte noch bessere Ergebnisse und senkte die Lokalrezidivraten auf unter 5 %.

Moderner Behandlungsansatz

Das heutige Behandlungsparadigma hat sich erheblich weiterentwickelt. Dr. Torbjorn Holm, MD, beschreibt einen differenzierteren Ansatz: Statt pauschal jeder Patientin und jedem Patienten eine Strahlentherapie zu verabreichen, gilt die hochwertige Chirurgie als Grundpfeiler der Behandlung.

Bei frühen, oberflächlichen und leicht resezierbaren Tumoren ist die Operation allein oft ausreichend. So wird unnötige Strahlenexposition und deren Toxizität für diejenigen vermieden, die allein durch Chirurgie geheilt werden können.

Identifizierung von Kandidaten für Strahlentherapie

Für eine spezifische Untergruppe bleibt die Strahlentherapie essenziell. Dr. Torbjorn Holm, MD, betont, dass sie bei lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom indiziert ist.

Dazu zählen Tumore, die die mesorektale Faszie infiltrieren, oder Fälle mit mehreren befallenen Lymphknoten. Für diese Patienten wird präoperative Strahlentherapie oft mit Chemotherapie kombiniert (Radiochemotherapie), um den Tumor vor der Operation zu verkleinern und die Erfolgsaussichten zu verbessern.

Risiken von Strahlentherapie-Komplikationen

Die Wirksamkeit der Strahlentherapie hat ihren Preis. Dr. Torbjorn Holm, MD, weist auf mögliche frühe und späte Komplikationen hin.

Kurzfristige Nebenwirkungen umfassen Hautreizungen, Müdigkeit und Durchfall. Langfristig können chronische Darm- und Blasenfunktionsstörungen, sexuelle Dysfunktion oder sogar Sekundärtumore auftreten. Daher ist die Vermeidung unnötiger Bestrahlung ein Kernprinzip.

Bedeutung der Therapieauswahl

Die individuelle Therapieentscheidung ist entscheidend. Dr. Torbjorn Holm, MD, fasst zusammen: Strahlentherapie ist ein wirksames Mittel bei fortgeschrittenen Fällen, sollte aber vermieden werden, wenn nicht notwendig.

Dies unterstreicht die Bedeutung einer präzisen Erstdiagnose und Stadieneinteilung. Eine Zweitmeinung kann wertvoll sein, um das Krebsstadium zu bestätigen und den optimalen Behandlungsplan – ob Operation allein oder multimodal – sicherzustellen.

Vollständiges Transkript

Dr. Anton Titov, MD: Wann hilft eine Strahlentherapie Patienten mit Rektumkarzinom? Wann ist sie nutzlos? Verursacht sie nur Toxizität? Wie sollte Strahlentherapie beim Rektumkarzinom korrekt eingesetzt werden?

Dr. Torbjorn Holm, MD: Hier müssen wir einen Blick in die Geschichte werfen. Die Behandlung des Rektumkarzinoms war in Schweden und international bis Mitte oder Ende der 1990er-Jahre unbefriedigend. Das Lokalrezidivrisiko lag bei 25 bis 30 %, obwohl Chirurgen eine radikale Operation durchgeführt zu haben glaubten. Ein Lokalrezidiv bedeutet, dass der Krebs im Becken wieder auftritt.

Das Rezidivrisiko war sehr hoch. 1980 starteten wir in Stockholm eine klinische Studie, um die Rezidivraten zu verbessern. Wir begannen mit Studien zur Strahlentherapie und initiierten dann die schwedischen Rektumkarzinom-Studien. Patienten wurden randomisiert: direkte Operation oder Strahlentherapie gefolgt von Operation.

Wir führten diese Studien durch, weil die chirurgischen Ergebnisse so schlecht waren. Wir konnten zeigen, dass eine präoperative Strahlentherapie das Lokalrezidivrisiko um 50 % senkte – von etwa 25 % auf rund 12 %.

Später lehrte uns Professor Bill Heald die totale mesorektale Exzision (TME). Die Kombination von Strahlentherapie und TME senkte die Lokalrezidivraten auf unter 5 %. Seither haben wir unsere Behandlungsoptionen neu bewertet.

Heute sehen wir die Chirurgie als wichtigste Option. Bei guter Operationstechnik ist oft keine Strahlentherapie nötig, besonders bei frühen Stadien. Die Pendelbewegung ist also vollzogen: Früher dachten wir, jeder Patient brauche eine Bestrahlung; heute wissen wir, dass bei guter Chirurgie nicht jeder Strahlentherapie benötigt.

Sie bleibt indiziert bei lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom – wenn der Tumor die mesorektale Faszie infiltriert oder mehrere Lymphknoten befallen sind. Dann sollte bestrahlt werden, oft in Kombination mit Chemotherapie, gefolgt von der Operation.

Bei oberflächlichen, leicht resezierbaren Tumoren dagegen kann auf Strahlentherapie verzichtet werden, da sie erhebliche Komplikationen verursachen kann.

Dr. Anton Titov, MD: Komplikationen nach Strahlentherapie können sowohl früh als auch spät auftreten.

Dr. Torbjorn Holm, MD: Strahlentherapie ist ein wirksames Werkzeug bei fortgeschrittenen Fällen. Aber wenn nicht nötig, sollte man darauf verzichten, da sie kurz- und langfristige Nebenwirkungen haben kann.