Dr. Ehud Grossman, MD, ein führender Experte auf dem Gebiet der Hypertonie, erläutert die Entwicklung der Blutdruck-Zielwerte in der Therapie. Er zeigt auf, wie aktuelle Studienergebnisse die Behandlungsziele für Patienten mit und ohne Diabetes vereinheitlicht haben. Dr. Grossman betont die entscheidende Bedeutung, einen systolischen Blutdruckwert von unter 130 mm Hg zu erreichen. Dieses ambitionierte Ziel senkt das Risiko für schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse wie Schlaganfall und Herzinfarkt erheblich.
Optimale Blutdruckziele bei der Behandlung von Hypertonie
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- Entwicklung der Behandlungsziele bei Hypertonie
- Einfluss der SPRINT-Studie
- Aktuelle Blutdruckziele
- Vorteile eines niedrigeren Blutdrucks bei Diabetes
- Klinische Implikationen für Behandler
- Vollständiges Transkript
Entwicklung der Behandlungsziele bei Hypertonie
Die Behandlungsziele bei Bluthochdruck haben einen deutlichen Wandel durchlaufen. Laut Dr. Ehud Grossman, MD, unterschieden die Leitlinien noch vor wenigen Jahren je nach Begleiterkrankungen der Patienten. Für die allgemeine Hypertonie-Population galt ein Ziel von 140/90 mm Hg als ausreichend. Bei Diabetes-Patienten wurde hingegen aufgrund ihres erhöhten kardiovaskulären Risikos ein aggressiveres Ziel von 130/80 mm Hg empfohlen.
Diese Differenzierung beruhte auf Erkenntnissen, dass Diabetiker stärker von einer intensiven Blutdruckkontrolle profitieren. Das Gespräch mit Dr. Anton Titov, MD, unterstreicht, wie neuere Forschung diesen Ansatz grundlegend verändert und zu einem einheitlicheren Behandlungsstandard für alle Hypertonie-Patienten geführt hat.
Einfluss der SPRINT-Studie
Die wegweisende SPRINT-Studie (Systolic Blood Pressure Intervention Trial) hat die Hypertoniebehandlung neu definiert. Dr. Ehud Grossman, MD, betont, dass diese große klinische Studie speziell an nicht-diabetischen Probanden durchgeführt wurde. Die Ergebnisse waren eindeutig: Ein intensives systolisches Blutdruckziel von 120 mm Hg war dem Standardziel von 140 mm Hg deutlich überlegen.
Patienten, die den niedrigeren Zielwert erreichten, wiesen deutlich weniger kardiovaskuläre Ereignisse auf. Diese überzeugenden Befunde zwangen zu einer grundlegenden Überarbeitung der Leitlinien. Die SPRINT-Ergebnisse lieferten die notwendigen robusten Daten, um eine aggressivere Blutdrucksenkung für eine breitere Patientengruppe zu rechtfertigen – ein Punkt, den Dr. Grossman im Gespräch mit Dr. Titov hervorhebt.
Aktuelle Blutdruckziele
Aktuelle Leitlinien der American Heart Association spiegeln nun die Erkenntnisse aus Studien wie SPRINT wider. Selbst die Definition von Hypertonie wurde auf Werte ab 130/80 mm Hg gesenkt. Daher liegt das Behandlungsziel für die meisten Erwachsenen nun bei einem systolischen Druck unter 130 mm Hg und einem diastolischen Druck unter 80 mm Hg.
Dr. Ehud Grossman, MD, erläutert, dass dieses Ziel nun universell gilt. Es gibt kein separates Blutdruckziel mehr für diabetische und nicht-diabetische Patienten. Das Interview mit Dr. Anton Titov, MD, bestätigt, dass der Behandlungsstandard für alle Hypertonie-Patienten nun „unter 130“ oder zumindest „nahe 130/80“ lautet – was die klinische Entscheidungsfindung vereinfacht.
Vorteile eines niedrigeren Blutdrucks bei Diabetes
Patienten mit Diabetes profitieren erheblich von einer intensiven Blutdruckkontrolle. Dr. Ehud Grossman, MD, stellt klar: „Man sieht definitiv eine viel niedrigere Ereignisrate“, wenn der Blutdruck auf 130/80 mm Hg gesenkt wird. Dazu zählen schwerwiegende Komplikationen wie Schlaganfall und Herzinfarkt.
Menschen mit Diabetes haben ein deutlich erhöhtes Risiko für atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankungen. Eine aggressive Hypertonie-Behandlung ist daher entscheidend, um dieses Überschussrisiko zu reduzieren. Das Gespräch mit Dr. Anton Titov, MD, unterstreicht, dass das Erreichen dieser niedrigeren Ziele nicht nur Zahlen betrifft, sondern greifbare, lebensrettende Ergebnisse für Hochrisikopatienten liefert.
Klinische Implikationen für Behandler
Für medizinisches Personal erfordern diese neuen Ziele einen proaktiveren Behandlungsansatz. Ein systolischer Blutdruck unter 130 mm Hg lässt sich oft nur mit Kombinationstherapien und sorgfältiger Medikamententitration erreichen. Kliniker müssen wachsam auf Nebenwirkungen wie Hypotonie, Elektrolytstörungen oder eingeschränkte Nierenfunktion achten – besonders unter intensiver Therapie.
Die Aufklärung der Patienten ist ebenso entscheidend. Dr. Ehud Grossman, MD, betont die Bedeutung, Patienten die neuen Ziele und deren Hintergründe verständlich zu machen. Diese partizipative Entscheidungsfindung – wie im Dialog mit Dr. Anton Titov, MD, hervorgehoben – verbessert die Therapietreue und befähigt Patienten, aktiv an ihrer kardiovaskulären Gesundheit mitzuwirken, durch Lebensstiländerungen und regelmäßige Medikamenteneinnahme.
Vollständiges Transkript
Dr. Anton Titov, MD: Sie haben umfangreich zu Blutdruckzielen bei Hypertonie-Patienten mit Diabetes, Adipositas und Bluthochdruck geforscht. Was unterscheidet die Behandlungsziele bei Hypertonie im Rahmen von Adipositas?
Dr. Ehud Grossman, MD: Das ist sehr interessant. Hätten Sie mich vor drei Jahren gefragt, hätte ich gesagt: Bei Diabetes-Patienten muss ein Blutdruckziel von 130/80 angestrebt werden, für die Allgemeinbevölkerung sind 140/90 ausreichend.
Doch seit der SPRINT-Studie, die an Nicht-Diabetikern durchgeführt wurde und klar zeigte, dass 120/80 deutlich besser ist als 140/90, empfiehlt die American Heart Association nun ein Therapieziel von 130/80.
Hypertonie wird jetzt auch anders definiert: Ab Werten über 130/80 gilt man als hyperton.
Früher gab es einen klaren Unterschied zwischen den Behandlungszielen bei diabetischen und nicht-diabetischen Patienten. Bei Diabetes und Hypertonie strebten wir 130/80 an, bei Nicht-Diabetikern 140/90.
Heute ist das Ziel dasselbe. Bei Diabetikern und Nicht-Diabetikern soll der Blutdruck nun unter 130 bzw. nahe 130/80 liegen.
Bei Diabetes-Patienten sieht man definitiv eine deutlich niedrigere Rate an Ereignissen – Schlaganfall, Herzinfarkt –, wenn der Blutdruck auf 130/80 gesenkt wird.