Dr. Jeffrey Popma, MD, ein führender Experte für interventionelle Kardiologie, erläutert die Behandlung der Aortenklappenstenose. Er vergleicht die Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) mit der offenen Herzoperation und beschreibt detailliert die Entwicklung der TAVI-Technologie. Anhand klinischer Studien für Hoch- und Intermediärrisiko-Patienten zeigt er auf, dass TAVI eine schnellere Erholung und verbesserte Lebensqualität ermöglicht. Die Klappendauerhaftigkeit sowie die Ergebnisse bei Niedrigrisiko-Patienten bleiben aktive Forschungsfelder.
TAVR vs. Offene Herzchirurgie bei Aortenklappenstenose
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- TAVR- und TAVI-Terminologie
- Entwicklung der TAVR-Technologie
- TAVR bei Hochrisikopatienten
- TAVR bei Patienten mit mittlerem Risiko
- Offene Fragen zu TAVR
- Zukünftige TAVR-Forschung
- Vollständiges Transkript
TAVR- und TAVI-Terminologie erläutert
Dr. Jeffrey Popma, MD, erläutert die Begrifflichkeiten für dieses minimalinvasive Aortenklappenverfahren. TAVR steht für Transkatheter-Aortenklappenersatz – die in den USA gebräuchliche Bezeichnung. TAVI bedeutet Transkatheter-Aortenklappenimplantation und ist die europäische Terminologie für dasselbe Verfahren. Der Unterschied in der Benennung betrifft vor allem den historischen Kontext und Abrechnungsfragen. Sowohl TAVR als auch TAVI bezeichnen dieselbe lebensrettende Behandlung der Aortenstenose.
Entwicklung und Verbreitung der TAVR-Technologie
Die Entwicklung eines weniger invasiven Verfahrens für den Aortenklappenersatz hat eine 10- bis 15-jährige Geschichte. Dr. Jeffrey Popma, MD, betont, dass die heutige Technologie den frühen Systemen deutlich überlegen ist. Das Hauptziel war stets, eine wirksame Linderung der Aortenstenose mit einem schonenderen Ansatz zu bieten. Dieser Fortschritt hat zu einer raschen klinischen Verbreitung geführt. Im Krankenhaus von Dr. Popma stieg die Zahl der TAVR-Eingriffe massiv an: von zwei Eingriffen alle zwei Wochen auf mittlerweile sechs pro Woche.
TAVR-Ergebnisse bei chirurgischen Hochrisikopatienten
Die ersten klinischen Studien zu TAVR konzentrierten sich auf Patienten, die als inoperabel oder extrem risikoreich für eine offene Herzoperation eingestuft wurden. Dr. Jeffrey Popma, MD, erklärt, dass diese frühen randomisierten Studien signifikante Ergebnisse lieferten. TAVR erwies sich für diese Hochrisikopatienten der medikamentösen Therapie als überlegen. Der Eingriff verbesserte sowohl Lebensqualität als auch Lebenserwartung. TAVR bot eine weniger invasive Option mit schnellerer Erholung, sodass Patienten rascher mobil wurden. Damit etablierte sich TAVR als entscheidende Therapie für Patienten ohne chirurgische Alternativen.
TAVR bei Patienten mit mittlerem Risiko für Aortenstenose
Die Forschung weitete sich anschließend auf Patienten mit mittlerem Risiko aus – solche mit einer geschätzten 30-Tage-Sterblichkeit von über 3 % bei einer Operation. Die SURTAVI-Studie verglich TAVR mit dem CoreValve-System und dem chirurgischen Aortenklappenersatz. Dr. Jeffrey Popma, MD, berichtet von den entscheidenden Ergebnissen, die auf der ACC-Tagung vorgestellt und im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurden. TAVR erwies sich für Patienten mit mittlerem Risiko der Operation als nicht unterlegen. Der Eingriff ging zudem mit einer schnelleren Verbesserung der Lebensqualität einher und zeigte tendenziell weniger Schlaganfälle innerhalb von 30 Tagen.
Offene Fragen zu Haltbarkeit und Sicherheit von TAVR
Trotz der Erfolge bleiben wichtige Fragen zu TAVR offen. Ein Hauptanliegen ist die langfristige Haltbarkeit transkatheter implantierter Aortenklappen im Vergleich zu chirurgischen Klappen. Dr. Jeffrey Popma, MD, weist auf weitere spezifische Aspekte hin: Der Zugang zu den Koronararterien kann nach TAVR erschwert sein. Zudem ist nach TAVR im Vergleich zur Operation häufiger die Implantation eines Herzschrittmachers nötig. Diese Faktoren sind entscheidend für die Wahl der besten Behandlungsoption bei jüngeren, gesünderen Patienten.
Zukünftige TAVR-Forschung bei Niedrigrisikopatienten
Aktuelle randomisierte klinische Studien konzentrieren sich nun auf Patienten mit niedrigem Operationsrisiko. Dr. Jeffrey Popma, MD, ist an Studien in den USA, Europa, Kanada und Australien beteiligt. Diese Untersuchungen vergleichen den chirurgischen Aortenklappenersatz mit TAVR unter Verwendung von Systemen wie Evolut und der Sapien-Klappe (in der PARTNER-3-Studie). Ziel ist es, zu klären, ob TAVR in dieser gesünderen Population der Operation nicht unterlegen ist. Weitere Forschung ist für spezifische Patientengruppen nötig, etwa bei bikuspider Aortenklappenerkrankung. Das Interview mit Dr. Anton Titov, MD, schließt mit dem Hinweis, dass zwar viel gelernt wurde, aber noch mehr Wissen über TAVR zu gewinnen ist.
Vollständiges Transkript
Dr. Anton Titov, MD: Wie lassen sich diese beiden Methoden vergleichen?
Dr. Jeffrey Popma, MD: Eine minimalinvasive Methode des Aortenklappenersatzes und eine offene Herzoperation zum Aortenklappenersatz. Sie haben eine sehr interessante Terminologie angesprochen.
Zunächst erwähnten Sie den Transkatheter-Aortenklappenersatz oder TAVR. Das ist die US-Version, die mit Abrechnungsfragen zu tun hat.
Sie nannten auch die Transkatheter-Aortenklappenimplantation, TAVI. Das ist die europäische Terminologie für dasselbe Verfahren, weil es eher einer Intervention als einem Ersatz gleicht. Wir verwenden TAVR und TAVI synonym, aber es muss für Außenstehende verwirrend wirken.
Dr. Anton Titov, MD: Eine Abkürzung stammt aus den USA, die andere aus Europa.
Dr. Jeffrey Popma, MD: Diese gesamte Entwicklung hin zu weniger invasiven Verfahren hat eine 10- bis 15-jährige Geschichte. Für uns hier im Krankenhaus sind es sicherlich acht Jahre.
Anfangs dachten wir, eine weniger invasive Technik wäre gut für die Patienten. Wir wollten ihre Aortenstenose lindern – ein sehr lobenswertes Ziel.
Die Technologie, die wir anfangs hatten, war ganz anders. Die heutige Technologie ist besser. Es hat sich viel getan.
Wir begannen unsere frühen Vergleiche zwischen Aortenklappenchirurgie und TAVR in den USA mit Patienten, die als inoperabel galten – also keine reguläre Aortenklappenersatzoperation erhalten konnten.
Diese Patienten waren extrem risikoreich. Wir führten randomisierte klinische Studien durch. TAVR erwies sich als überlegen, sowohl in puncto Lebensqualität als auch Lebenserwartung. Sehr wichtige Metriken.
Zudem war TAVR weniger invasiv. Patienten waren schneller wieder mobil.
Vor etwa fünf Jahren starteten wir eine klinische Studie mit dem CoreValve-System namens SURTAVI. Diese wurde bei Patienten mit mittlerem Risiko durchgeführt – solchen mit einem Operationsrisiko von über 3 % für die 30-Tage-Sterblichkeit.
Wir führten eine randomisierte klinische Studie mit TAVR durch. Die Ergebnisse präsentierten wir auf der ACC-Tagung und veröffentlichten sie im New England Journal of Medicine.
Tatsächlich erwies sich TAVR als nicht unterlegen gegenüber dem chirurgischen Aortenklappenersatz. TAVI ging mit einer schnelleren Verbesserung der Lebensqualität einher. Es gab tendenziell weniger Schlaganfälle 30 Tage nach dem Eingriff.
Wir fanden heraus, dass TAVR eine bevorzugte Therapie bei Aortenklappenstenose ist. Aber die Haltbarkeit der Aortenklappe ist nicht vollständig geklärt.
Dennoch ist TAVR ein weniger invasiver Eingriff, der Patienten schneller mobil macht. Heute gibt es ein rasantes Wachstum transkatheter implantierter Aortenklappen, besonders bei Patienten mit mittlerem oder höherem Risiko.
TAVR ist fast die Therapie der Wahl. Wir betrachten Ergebnisse, Patienten und Behandlungszahlen.
Wir sind von zwei TAVR-Eingriffen alle zwei Wochen auf nun sechs pro Woche übergegangen.
Dr. Anton Titov, MD: Das Wachstum ist wirklich beschleunigt.
Dr. Jeffrey Popma, MD: Aber wir haben noch offene Fragen zu TAVR im Vergleich zur offenen Herz-Aortenklappenersatzchirurgie. Wir wissen nicht, ob TAVR bei einigen Patienten, besonders solchen mit niedrigem Operationsrisiko, nicht unterlegen ist.
Dr. Anton Titov, MD: Manchmal sagte ich zu Ihnen: "Ihre Chance, die 30 Tage zu überleben und keinen Schlaganfall zu haben, beträgt 97 % oder mehr." Das gilt für den chirurgischen Aortenklappenersatz bei Niedrigrisikopatienten.
Sie könnten sagen: "Das klingt nach einem guten Deal! Ich bekomme eine Aortenklappe, über die wir viel wissen. Sie ist haltbar." Das war lange die einzige Option.
Wir wissen nicht, wie haltbar unsere neueren Aortenklappen sind. Wir sind uns nicht sicher in puncto Koronarzugang.
Es gibt Fragen zur Herzschrittmacherimplantation. Sie tritt nach TAVR häufiger auf als nach chirurgischem Aortenklappenersatz. Wir kennen diese Antworten noch nicht.
Also führen wir jetzt eine randomisierte klinische Studie in den USA, Europa, Kanada und Australien durch. Wir randomisieren Patienten mit niedrigem Risiko entweder zum chirurgischen Aortenklappenersatz oder zur Verwendung der Evolut-Systeme.
Das Sapien-TAVI-System wird in der PARTNER-3-Studie weltweit ähnlich getestet. Wir haben wirklich große Fortschritte gemacht.
Bei Patienten mit hohem Operationsrisiko ist TAVR wahrscheinlich eine sehr vernünftige Wahl. Für Patienten über 80 bis 85 Jahre ist TAVR wohl sinnvoll, weil die Erholung so viel schneller ist.
Aber wir haben noch nicht geklärt, wie sich die TAVR-Aortenklappe bei Niedrigrisikopatienten verhält.
Dr. Anton Titov, MD: Wie verhält sich die TAVI-Aortenklappe bei Patienten mit bikuspidaler Aortenklappenerkrankung? Wie bei viel jüngeren Patienten?
Dr. Jeffrey Popma, MD: Weil wir die Haltbarkeit der TAVR-Klappe nicht vollständig verstehen. Vieles ist im Fluss. Wir haben viel über TAVR gelernt, aber es gibt noch viel mehr zu entdecken.