Wann ist mit der Zulassung neuer Medikamente gegen Fettleber zu rechnen?

Wann ist mit der Zulassung neuer Medikamente gegen Fettleber zu rechnen?

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Dr. Scott Friedman, MD, ein führender Experte für Fettlebererkrankungen und hepatische Fibrose, erläutert, warum bislang noch keine Medikamente für die nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH) zugelassen sind. Er geht detailliert auf die Komplexität der Erkrankung ein und betont die Notwendigkeit von Kombinationstherapien. Zudem diskutiert er die Herausforderungen in der Arzneimittelentwicklung und prognostiziert erste Zulassungen innerhalb der nächsten Jahre.

Fortschritte in der NASH-Behandlung: Neue Medikamente für Fettlebererkrankungen in Sicht

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NASH-Komplexität und Behandlungsherausforderungen

Dr. Scott Friedman, MD, bezeichnet die nicht-alkoholische Steatohepatitis als eine der größten Herausforderungen seiner Karriere. Er erklärt, dass NASH weitaus komplexer ist als ursprünglich angenommen. Die Erkrankung umfasst mehrere Merkmale, darunter Leberfettansammlung, Entzündung, Zellschädigung und Lebernarbenbildung.

Dr. Friedman betont, dass diese Komplexität erklärt, warum trotz intensiver Forschung noch kein Medikament die FDA-Zulassung für die NASH-Behandlung erhalten hat. Die metabolische Programmierung, die den Körper zur Fettspeicherung veranlasst, ist tief verankert, was therapeutische Eingriffe besonders schwierig macht.

Erklärung der Krankheitsheterogenität

Dr. Scott Friedman, MD, hebt einen entscheidenden Aspekt der NASH-Heterogenität hervor: Patienten, deren Erkrankung unter dem Mikroskop identisch erscheint, können unterschiedliche zugrundeliegende Treiber haben. Einige entwickeln NASH vor allem durch toxische Fettansammlungen, während andere überaktivierte Sternzellen oder spezifische Entzündungszelltypen aufweisen.

Diese Variabilität bedeutet, dass unterschiedliche Patienten möglicherweise unterschiedliche Behandlungsansätze benötigen. Dr. Friedman weist darauf hin, dass selbst die vielversprechendsten NASH-Medikamente meist nur 30–50 % der Patienten helfen. Dies deutet darauf hin, dass innerhalb der NASH-Diagnose multiple Krankheitspfade existieren.

Aktuelle Behandlungsgrenzen

Im Gespräch mit Dr. Anton Titov, MD, erörtert Dr. Scott Friedman, warum aktuelle NASH-Behandlungsansätze unzureichend sind. Die Blockade eines Signalwegs könne dazu führen, dass andere Mechanismen kompensatorisch aktiv werden. Dieser Multi-Pfad-Charakter von NASH stellt erhebliche therapeutische Herausforderungen dar.

Dr. Friedman räumt die Frustration in der Fachwelt über das Fehlen zugelassener NASH-Medikamente ein. Im Vergleich zur Hepatitis-C-Therapie seien virale Ziele einfacher zu bekämpfen als systemische metabolische Erkrankungen. Die Suche nach der „Achillesferse“ von NASH dauere an, ohne dass bisher ein klares Einzelziel identifiziert wurde.

Kombinationstherapie-Ansatz

Dr. Scott Friedman, MD, plädiert für Kombinationstherapien als Zukunft der NASH-Behandlung. Mehrere Medikamente mit komplementären Wirkmechanismen könnten nötig sein, um der Komplexität der Erkrankung gerecht zu werden. Dieser Ansatz könnte Fettreduktion, Entzündungskontrolle und Fibroseprävention gleichzeitig angehen.

Dr. Friedman schlägt vor, dass personalisierte Medizin für das NASH-Management entscheidend werden könnte. Die Behandlungswahl könnte von den dominanten Krankheitstreibern des einzelnen Patienten abhängen. Kombinationsregime mit zwei oder mehr Wirkstoffen könnten maximale therapeutische Effekte erzielen.

Ausblick auf künftige NASH-Behandlung

Dr. Scott Friedman, MD, äußert sich optimistisch zu künftigen NASH-Medikamentenzulassungen. Er rechnet damit, dass die ersten FDA-zugelassenen NASH-Medikamente in den nächsten Jahren auf den Markt kommen. Allerdings warnt er, dass der Fortschritt schrittweise und allmählich verlaufen werde.

Dr. Friedman betont die Notwendigkeit, sowohl aggressiv neue Medikamente zu testen als auch Geduld zu bewahren. Grundlagenforschung müsse weiterhin neue Behandlungsziele identifizieren. Das therapeutische Spektrum für Fettlebererkrankungen werde sich langsam, aber stetig in Richtung wirksamerer Optionen entwickeln.

Vollständiges Transkript

Dr. Anton Titov, MD: Warum gibt es trotz intensiver Forschung noch keine zugelassenen Medikamente für nicht-alkoholische Steatohepatitis?

Dr. Scott Friedman, MD: Als erfahrener Forscher auf dem Gebiet der Fettlebererkrankungen, ihrer Genetik und metabolischen Auswirkungen kann ich sagen: Dies ist eine der größten Herausforderungen meiner Karriere. Es zeigt, dass NASH viel komplexer ist, als wir zunächst dachten.

Wir wissen, dass bei NASH mehrere Merkmale zusammenkommen – Leberfett, Entzündung, Zellschädigung und Leberfibrose.

Dr. Anton Titov, MD: Unklar ist, ob jeder Patient mit NASH, den wir mikroskopisch diagnostizieren, tatsächlich dieselbe Erkrankung hat.

Dr. Scott Friedman, MD: Möglicherweise haben einige Patienten NASH, weil ihr Fett toxisch wirkt, andere aufgrund überaktivierter Sternzellen, und wieder andere wegen bestimmter Entzündungszelltypen.

Erst allmählich wird uns bewusst, dass nicht alle NASH-Fälle gleich sind. Selbst bei gleichem mikroskopischem Bild können die zugrundeliegenden Signalwege von Patient zu Patient variieren.

Das könnte erklären, warum kein Medikament allen hilft. Selbst die besten Wirkstoffe kommen nur etwa 30–50 % der Patienten zugute.

Das deutet darauf hin, dass nicht jeder dieselben Krankheitstreiber hat, selbst wenn das Erscheinungsbild identisch ist. Vielleicht ist NASH eine Multi-Pfad-Erkrankung.

Blockiert man einen Weg, können andere Pfade vermehrt Fett und Entzündung produzieren. Daher brauchen wir möglicherweise mehrere Ziele und Medikamente mit komplementären Wirkmechanismen.

In diese Richtung entwickelt sich das Feld. Wir denken zunehmend über Kombinationstherapien nach, weil wir mehr als ein Ziel anvisieren müssen.

Bisher haben wir keine „Achillesferse“ von NASH gefunden – also kein einzelnes Molekül oder keinen Signalweg, der bei allen Patienten die Erkrankung antreibt.

Daher setzen wir auf verschiedene Behandlungskombinationen.

Die Programmierung von Körper und Leber zur Fettspeicherung ist tief verankert. Wir brauchen ein tieferes Verständnis und etwas Geduld, um wirksamere Therapien zu entwickeln.

Ich glaube, wir sind nicht mehr weit von den ersten zugelassenen NASH-Medikamenten entfernt. Sie werden in den nächsten Jahren kommen.

Doch wird es ein schrittweiser, allmählicher Prozess sein, bei dem wir Therapien individualisieren müssen. Möglicherweise sind zwei oder mehr Medikamente nötig, um maximale Effekte zu erzielen.

Ja, es ist frustrierend, dass es noch kein zugelassenes NASH-Medikament gibt. Im historischen Vergleich war der Zeithorizont aber relativ kurz.

Nehmen wir Hepatitis C: Obwohl die Virussequenz seit 1989 bekannt war, dauerte es bis 2010, bis wir wirksame, gut verträgliche Therapien hatten.

Und ein Virus zu bekämpfen ist einfacher als eine systemische metabolische Erkrankung wie NASH. Daher müssen wir beharrlich neue Medikamente testen.

Wir müssen mehr Grundlagenforschung betreiben, um neue Ziele zu identifizieren. Gleichzeitig brauchen wir Geduld und rechnen mit einem stetigen, wenn auch langsamen Fortschritt in der NASH-Therapie.