Meniskus-, Patella- und Bandverletzungen des Knies: Konservative und operative Behandlung. 4

Meniskus-, Patella- und Bandverletzungen des Knies: Konservative und operative Behandlung. 4

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Dr. Matthias Steinwachs, ein führender Experte für Kniechirurgie, stellt neue Behandlungsmethoden bei Knieband- und Meniskusverletzungen vor. Er erläutert detailliert den Übergang von traditionellen Transplantaten hin zu modernen biologischen Reparaturverfahren. Dr. Steinwachs hebt die Bedeutung der Kniestabilität für die Therapiewahl hervor und empfiehlt insbesondere Quadrizepssehnen-Transplantate für die Kreuzbandrekonstruktion. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Erhalt des Meniskus durch Nahttechniken und Transplantation. Diese innovativen Ansätze zielen darauf ab, die Gelenkfunktion wiederherzustellen und langfristig einer Arthrose vorzubeugen.

Fortschrittliche chirurgische und konservative Behandlungen bei Knieband- und Meniskusverletzungen

Abschnitte

Beurteilung der Kniestabilität

Dr. Matthias Steinwachs betont, dass die klinische Stabilität des Knies der entscheidende Faktor bei der Behandlung von Bandverletzungen ist. Die Wahl zwischen konservativer und chirurgischer Therapie hängt davon ab, ob das Knie für das Aktivitätsniveau des Patienten stabil genug ist. Eine MRT, die eine partielle Bandruptur zeigt, bedeutet nicht automatisch, dass operiert werden muss. Bleibt das Knie stabil, ist oft ein abwartendes Vorgehen sinnvoll. Entscheidend ist die funktionelle Stabilität, nicht allein der bildgebende Befund. Dieser patientenzentrierte Ansatz hilft, unnötige Operationen zu vermeiden.

Biologischer Bandersatz

Bei partiellen Bandrupturen mit übermäßiger Laxizität setzt Dr. Matthias Steinwachs fortschrittliche biologische Reparaturverfahren ein. Eine Methode ist die "Healing Response"-Technik nach Dr. Richard Steadman. Dieses arthroskopische Verfahren ähnelt der Mikrofrakturierung: Nahe dem Ansatzpunkt des VKB werden kleine Bohrkanäle gesetzt, um Stammzellen zu mobilisieren. Diese unterstützen die partielle Regeneration des geschädigten Bandes. Kollagenfasern ziehen sich während der Heilung natürlicherweise zusammen, was die Stabilität verbessern kann. Eine weitere Technik ist die Refixation des Bandes am Ansatzpunkt mit starken Nähten. Eine nichtresorbierbare Naht wird parallel zum geschützten VKB geführt, um dessen ursprüngliche Integrität ohne Transplantat wiederherzustellen.

Moderne Transplantattechniken für das vordere Kreuzband (VKB)

Bei vollständigen Bandrissen ist eine Rekonstruktion mit Transplantat erforderlich. Dr. Matthias Steinwachs skizziert die Entwicklung der Transplantatauswahl: Historisch war die Patellarsehnen-Knochen-Technik (PTB) verbreitet, die jedoch häufig zu Schäden an Kniescheibe und Patellarsehne führte. Daher vermeidet er diese Methode. Auch Hamstringtransplantate sind bei Leistungssportlern oft nicht ideal, da die Entnahme die Kniestabilisierung um bis zu 20 % reduzieren kann. Sein bevorzugtes Transplantat für Sportler ist die Quadrizepssehne – hochwertiges Sehnenmaterial, das ausgezeichnete Stabilität und Belastbarkeit bietet, ohne neue Symptome an der Entnahmestelle zu verursachen.

Meniskuserhalt & Nahttechniken

Bei Meniskusverletzungen hat die Erhaltung Priorität. Dr. Matthias Steinwachs betont, dass eine Resektion des verletzten Meniskus möglichst vermieden werden sollte. Die Naht des Risses ist die Methode der Wahl. Ihr Erfolg hängt von gutem Nahtmaterial und chirurgischem Geschick ab. Der Meniskuserhalt ist entscheidend für die langfristige Kniegesundheit, da selbst Teilentfernungen zu Gelenkdegeneration führen können. Dieser Ansatz war ein zentraler Punkt in seiner Diskussion mit Dr. Anton Titov.

Meniskusrekonstruktion & Transplantation

Wenn ein größerer Meniskusanteil entfernt wurde, ist eine Rekonstruktion nötig. Dr. Matthias Steinwachs erläutert zwei Optionen: Die Verwendung von Scaffolds oder Matrices, die in den Defekt eingesetzt werden und von körpereigenen Zellen überwachsen werden, um neues Gewebe zu bilden. Allerdings sind die verfügbaren Materialien noch nicht ideal. Bei ausgedehnten Defekten bevorzugt er die Meniskusallotransplantation – die Verpflanzung eines gesamten Spendermeniskus. Die Ergebnisse sind hier besser als bei partiellen Scaffolds. Der Eingriff sollte frühzeitig erfolgen, um arthrotische Veränderungen zu verhindern; bei zu später Durchführung lässt sich eine Arthrose oft nicht mehr vermeiden.

Vollständiges Transkript

Dr. Anton Titov: Welche neuen Technologien und chirurgischen Behandlungsmethoden bei Knieband- und Meniskusverletzungen verändern heute die klinische Praxis? Über welche neuen Behandlungsoptionen sollten Patienten mit Knieverletzungen Bescheid wissen?

Dr. Matthias Steinwachs: Zunächst zum Thema Bänder: Wir wissen heute, dass es bei partiellen Bandrupturen eine biologische Grundlage für konservative Behandlungen gibt. Die Entscheidung für oder gegen ein Transplantat ist vor allem eine klinische. Entscheidend ist, ob das Knie stabil genug ist – unabhängig vom MRT-Befund. Bei einem stabilen Knie mit Bandbeteiligung ist oft keine Behandlung nötig.

Bei instabilen Knien von sportlich aktiven Patienten muss jedoch ein Transplantat eingesetzt werden, um Stabilität zu gewährleisten. In solchen Fällen wenden wir die "Healing Response"-Technik an, eine arthroskopische Methode nach Dr. Richard Steadman. Sie eignet sich für partielle Rupturen mit erhöhter Laxizität. Dabei setzen wir ähnlich wie bei der Mikrofrakturierung Bohrkanäle nahe dem VKB-Ansatz, um Stammzellen zu mobilisieren. Diese können das geschädigte Band teilweise regenerieren. Kollagenfasern ziehen sich während der Heilung zusammen, was die Stabilität des gedehnten Bandes verbessern kann.

Eine andere Methode ist die Refixation des Bandes am Ansatzpunkt mit Nähten. Dabei führen wir eine nichtresorbierbare Naht parallel zum geschützten VKB, um das Originalband ohne Transplantat wiederherzustellen. Diese Technik ist etabliert und durch Studien belegt; Patienten erreichen meist wieder ein stabiles Knie.

Bei vollständigen Rupturen ohne Refixations-Chance ist ein Transplantat nötig. Früher nutzte man oft die Patellarsehnen-Knochen-Technik (PTB), die aber häufig Probleme an Kniescheibe und Sehne verursachte. Daher setze ich sie bei Sportlern nicht mehr ein. Stattdessen verwende ich die Quadrizepssehne – hochwertiges Material mit hoher Belastbarkeit und Stabilität, ohne Symptome an der Entnahmestelle. Hamstringtransplantate vermeide ich bei Leistungssportlern, da die Entnahme die Kniestabilisierung um bis zu 20 % reduzieren kann.

Beim Meniskus ist die Lage komplex. Gutes Nahtmaterial und technisches Können sind entscheidend, um eine Resektion zu vermeiden. Ist bereits ein Teil entfernt, muss rekonstruiert werden. Es gibt Implantate wie Matrices oder Scaffolds, die in den Defekt eingesetzt werden und von Zellen überwachsen werden, um Ersatzgewebe zu bilden. Die verfügbaren Materialien sind jedoch noch nicht optimal. Fehlt ein Großteil des Meniskus, führe ich eine Allotransplantation durch – die Ergebnisse sind besser als bei Teilfüllungen. Wichtig ist, frühzeitig zu operieren, um arthrotische Veränderungen zu verhindern; im Spätstadium ist dies oft nicht mehr möglich.