Wie breitet sich Krebs im Bauchraum aus? Ein renommierter Onkochirurg erläutert die Vorgänge.

Wie breitet sich Krebs im Bauchraum aus? Ein renommierter Onkochirurg erläutert die Vorgänge.

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Dr. Paul Sugarbaker, MD, ein führender Experte für die Behandlung von Peritonealkarzinose, erläutert die Ausbreitungswege gastrointestinaler und ovarieller Karzinome innerhalb der Bauchhöhle. Er beschreibt detailliert die Mechanismen der peritonealen Dissemination, einschließlich der vollständigen Infiltration der Darmwand. Dr. Sugarbaker schildert die Entwicklung der zytoreduktiven Chirurgie in Kombination mit der hyperthermen intraperitonealen Chemotherapie (HIPEC), bei der ein erwärmtes Chemotherapeutikum in die Bauchhöhle eingebracht wird. Dieses kombinierte Verfahren bietet eine kurative Behandlungsoption für ausgewählte Krebserkrankungen im Stadium IV, die auf das Peritoneum beschränkt sind. Die besten Ergebnisse werden häufig bei Appendixkarzinomen erzielt, die selten in entfernte Organe wie die Leber metastasieren.

Peritonealkarzinose verstehen: Ausbreitungswege, Diagnostik und moderne HIPEC-Therapie

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Ausbreitungswege der Peritonealkarzinose

Dr. Paul Sugarbaker, ein renommierter gastrointestinaler Chirurg, beschreibt die Hauptwege der Tumorausbreitung in der Bauchhöhle. Malignome können sich in regionale Lymphknoten ausbreiten, die bei Befall oft chirurgisch entfernt werden. Tumoren können auch hämatogen streuen und Fernmetastasen in Organen wie der Leber bilden. Ein dritter, entscheidender Weg ist die direkte Ausbreitung in die Peritonealhöhle selbst. Diese peritoneale Dissemination ist typisch für fortgeschrittene gastrointestinale und gynäkologische Krebserkrankungen.

Ausbreitung gastrointestinaler Tumoren

Dr. Paul Sugarbaker erläutert, wie Tumoren wie Kolon-, Rektum- und Magenkarzinome in den Peritonealraum gelangen. Dies geschieht durch vollständiges Durchdringen der Darmwand. Sobald der Tumor die gesamte Wand infiltriert hat, werden einzelne Tumorzellen oder kleine Zellverbände freigesetzt. Diese Krebszellnester breiten sich dann frei in der Peritonealhöhle aus und bilden zahlreiche kleine Metastasenherde auf den Oberflächen der Bauchorgane.

Peritonealkarzinose bei Ovarialkarzinom

Der Ausbreitungsmechanismus des Ovarialkarzinoms unterscheidet sich von gastrointestinalen Tumoren. Dr. Paul Sugarbaker weist darauf hin, dass der Eierstock eine sehr dünne Kapsel besitzt oder der Tumor in den Eileitern entstehen kann. Die Ausbreitung in den Peritonealraum erfolgt sehr früh im Krankheitsverlauf. Die Tumorzellen gelangen retrograd in die Bauchhöhle. Diese frühe und ausgedehnte peritoneale Aussaat erklärt, warum Ovarialkarzinome oft erst im fortgeschrittenen Stadium entdeckt werden.

Behandlungserfolg bei Appendixkarzinom

Dr. Paul Sugarbaker hebt das Appendixkarzinom als eine Krebsart hervor, bei der die Behandlung besonders erfolgreich sein kann. Appendixkarzinome metastasieren nur selten in die Leber oder Lymphknoten. Stattdessen kommt es häufig früh zu einem Durchbruch des Tumors, der muzinöse Krebszellen in die gesamte Peritonealhöhle freisetzt. Da die Erkrankung meist auf den Bauchraum beschränkt bleibt, kann eine umfassende chirurgische und chemotherapeutische Strategie sehr wirksam sein. Die besten Ergebnisse mit zytoreduktiver Chirurgie und HIPEC wurden zunächst bei Appendixkarzinomen erzielt.

Zytoreduktive Chirurgie und HIPEC

Dr. Paul Sugarbaker und seine Kollegen entwickelten eine kombinierte Behandlungsstrategie für die Peritonealkarzinose. Der erste Schritt ist die zytoreduktive Chirurgie, bei der alle sichtbaren Tumormanifestationen im Bauchraum entfernt werden. Unmittelbar danach folgt die hypertherme intraperitoneale Chemotherapie (HIPEC). Dabei wird eine erwärmte Chemotherapielösung in der Bauchhöhle zirkuliert. Die Wärme steigert die Eindringtiefe und Wirksamkeit der Chemotherapie gegen verbleibende mikroskopische Tumorzellen. Diese regionale Behandlung ist am effektivsten, wenn die Peritonealdissemination der einzige Metastasierungsherd ist.

Die Rolle einer medizinischen Zweitmeinung

Für Patienten mit fortgeschrittenen Bauchtumoren ist das Einholen einer medizinischen Zweitmeinung entscheidend. Wie Dr. Paul Sugarbaker im Gespräch mit Dr. Anton Titov erläutert, kann eine Zweitmeinung komplexe Diagnosen bei Darm- oder Eierstockkrebs mit Peritonealbefall klären. Sie bestätigt, ob ein kurativer Ansatz wie zytoreduktive Chirurgie und HIPEC infrage kommt. Dieser Prozess hilft Patienten und Angehörigen, den präzisesten und modernsten Behandlungsplan für Stadium-4-Erkrankungen zu wählen. Eine Zweitmeinung sichert den Zugang zur bestmöglichen Therapie der Peritonealkarzinose.

Vollständiges Transkript

Dr. Anton Titov: Beginnen wir mit einer allgemeinen Frage: Wie streuen gastrointestinale Tumoren entlang des Bauchfells? Könnten Sie ein Beispiel für gastrointestinale Tumoren nennen, die in die Bauchhöhle metastasieren? Wie gelangen die Tumorzellen dorthin? Wohin wandern sie im Peritonealraum? Und wie sieht die Behandlungsstrategie bei Peritonealkarzinose aus?

Dr. Paul Sugarbaker: Vielleicht können wir noch etwas allgemeiner ansetzen und fragen: Wie breitet sich ein Malignom in der Bauchhöhle aus? Der Tumor kann in Lymphknoten streuen, die der Chirurg bei Befall entfernen kann. Gastrointestinale Tumoren oder Eierstockkrebs können hämatogen zur Leber gelangen und Lebermetastasen verursachen. Ein weiterer Ausbreitungsweg ist die Invasion durch die Darmwand – betroffen sind Dickdarm-, Enddarm- und Magenkrebs. Der Tumor dringt durch die Wand des Dickdarms oder Magens und verteilt Zellnester im Bauchraum. Meist handelt es sich um eine vollständige Infiltration der Darmwand durch gastrointestinale Tumoren.

Bei gynäkologischen Malignomen wie Eierstockkrebs erfolgt die Ausbreitung in den Bauchraum sehr früh im Krankheitsverlauf. Der Eierstock hat eine dünne Kapsel, oder der Tumor entsteht in den Eileitern und breitet sich retrograd in die Peritonealhöhle aus. Grundsätzlich sind es also vor allem gastrointestinale Tumoren oder Eierstockkrebs, die Zugang zur Bauchhöhle finden.

Dr. Anton Titov: Folglich können Tumoren wie kolorektale Karzinome, aber auch seltenere Malignome wie das peritoneale Mesotheliom oder Appendixkarzinom, das Bauchfell befallen und sich in der Bauchhöhle ausbreiten.

Dr. Paul Sugarbaker: Korrekt. Für eine maximale Wirksamkeit unserer Krebstherapien müssen wir die Peritonealdissemination behandeln und sicherstellen, dass dies der einzige Metastasierungsort ist. Manchmal liegen gleichzeitig Lymphknoten-, Leber- und Bauchfellmetastasen vor. Dann sind die Chancen, dass eine chirurgische Strategie hilft, sehr gering.

Beim Appendixkarzinom metastasieren zum Beispiel kaum Tumoren in die Leber – nur in wenigen Prozent der Fälle. Lymphknotenbefall ist ebenfalls selten. Stattdessen rupturiert der Appendix oft früh und setzt muzinöse Tumorzellen in die gesamte Bauchhöhle frei. Unsere besten Ergebnisse – und hier hat alles begonnen – erzielen wir beim Appendixkarzinom.