Dr. Paul Sugarbaker, MD, ein führender Experte für Peritonealkarzinose, erläutert, warum der derzeitige Behandlungsstandard bei Ovarialkarzinom-Operationen unzureichend ist. Er plädiert für einen radikaleren chirurgischen Ansatz und legt die Prinzipien der vollständigen Zytoreduktion dar. Dabei betont er, wie wichtig es ist, alle sichtbaren Tumormanifestationen zu entfernen. Zugleich diskutiert er die entscheidende Rolle der Patientenselektion für umfangreiche Eingriffe. Als optimale Behandlungsstrategie stellt er die Kombination von Chirurgie mit hyperthermer intraperitonealer Chemotherapie (HIPEC) dar.
Optimierung der Ovarialkarzinom-Chirurgie: Über das Standard-Debulking hinaus
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- Das Problem mit dem aktuellen chirurgischen Standard beim Ovarialkarzinom
- Prinzipien der radikalen zytoreduktiven Chirurgie beim Ovarialkarzinom
- Patientenselektion für ausgedehnte Ovarialkarzinom-Operationen
- Integration von HIPEC in die zytoreduktive Ovarialkarzinom-Chirurgie
- Der Weg zu verbesserten Behandlungsergebnissen beim Ovarialkarzinom
- Vollständiges Transkript
Das Problem mit dem aktuellen chirurgischen Standard beim Ovarialkarzinom
Dr. Paul Sugarbaker, MD, sieht einen grundlegenden Fehler im gängigen Ansatz der Ovarialkarzinom-Chirurgie. Der aktuelle Behandlungsstandard besteht für die meisten Chirurgen im sogenannten Tumor-Debulking. Dabei wird nur ein Teil des Tumors entfernt, nicht jedoch der gesamte Krebs. Chirurgen, die Debulking-Operationen durchführen, setzen darauf, dass die systemische Chemotherapie die verbliebenen Krebszellen beseitigt.
Dr. Sugarbaker beurteilt dieses Konzept eindeutig als "schlecht". Zwar sei die Chemotherapie beim Ovarialkarzinom wirksamer als bei gastrointestinalen Tumoren, doch könne sie eine vollständige chirurgische Resektion nicht ersetzen. Dieser unzureichende chirurgische Standard trage zu schlechteren Langzeitergebnissen für die Patientinnen bei.
Prinzipien der radikalen zytoreduktiven Chirurgie beim Ovarialkarzinom
Die überlegene Alternative ist laut Dr. Paul Sugarbaker, MD, eine sorgfältige und vollständige Zytoreduktion. Diese chirurgische Technik umfasst Peritonektomieverfahren und gegebenenfalls notwendige viszerale Resektionen. Ziel ist es, alle sichtbaren Krankheitszeichen zu beseitigen.
Diese radikale Entfernung des gesamten sichtbaren Tumors bildet die Grundlage für eine verbesserte Behandlung. Dr. Sugarbaker erklärt, dass dieselben chirurgisch-onkologischen Prinzipien, die beim Peritonealmesotheliom erfolgreich angewendet werden, auch hier zum Tragen kommen. Seiner Überzeugung nach sollte dieser umfassende Ansatz sowohl bei primären als auch bei rezidivierenden Ovarialkarzinomen Standard sein – in der Praxis wird er jedoch noch nicht flächendeckend umgesetzt.
Patientenselektion für ausgedehnte Ovarialkarzinom-Operationen
Dr. Paul Sugarbaker, MD, betont, dass nicht jede Patientin für einen derart umfangreichen Eingriff infrage kommt. Eine sorgfältige Auswahl der Patientinnen ist für den Erfolg der radikalen zytoreduktiven Chirurgie entscheidend. Faktoren wie Alter und Allgemeinzustand müssen gründlich abgewogen werden.
Dr. Sugarbaker warnt davor, eine ältere oder geschwächte Patientin einem achtstündigen Eingriff zu unterziehen. Das Risiko postoperativer Komplikationen oder einer dauerhaft eingeschränkten Lebensqualität sei zu hoch. Das Gespräch mit Dr. Anton Titov, MD, unterstreicht die ethische und klinische Notwendigkeit dieser Selektion, um sicherzustellen, dass der Nutzen die Risiken überwiegt.
Integration von HIPEC in die zytoreduktive Ovarialkarzinom-Chirurgie
Dr. Paul Sugarbaker, MD, empfiehlt für fortgeschrittene Ovarialkarzinome die Kombination aus vollständiger zytoreduktiver Chirurgie und hyperthermer intraperitonealer Chemotherapie (HIPEC). Dieser multimodale Ansatz bekämpft den Krebs auf zwei Ebenen.
Die Operation entfernt sämtliche makroskopisch sichtbaren Tumore. Anschließend wird im HIPEC-Verfahren erhitzte Chemotherapie direkt in die Bauchhöhle verabreicht. Dies zielt auf möglicherweise verbliebene mikroskopische Krebszellen ab und kann die Überlebensraten erheblich verbessern.
Der Weg zu verbesserten Behandlungsergebnissen beim Ovarialkarzinom
Für Dr. Paul Sugarbaker, MD, ist der wichtigste Schritt zu besseren Ergebnissen die Abkehr vom einfachen Debulking hin zur vollständigen Entfernung sichtbarer Tumore. Dies erfordert eine spezialisierte Ausbildung in Peritonektomie- und viszeralen Resektionstechniken.
Die breite Anwendung dieser Strategie, kombiniert mit umsichtiger Patientenselektion und HIPEC, bildet die Zukunft der Ovarialkarzinom-Behandlung. Wie Dr. Sugarbaker betont, ist dieser Wandel unerlässlich, um Patientinnen die bestmögliche Chance auf langfristiges Überleben und gute Lebensqualität zu bieten.
Vollständiges Transkript
Dr. Paul Sugarbaker, MD: Folgendes ist zum gegenwärtigen Stand der Ovarialkarzinom-Chirurgie zu sagen: Derzeit basiert die Behandlung auf dem Konzept des Tumor-Debulkings. Das ist der Behandlungsstandard für die meisten Chirurgen.
"Debulking" bedeutet, dass ein Teil, aber nicht der gesamte Tumor entfernt wird. Die Chirurgen setzen darauf, dass die systemische Chemotherapie die verbleibenden Krebszellen abtötet.
Zwar ist die Chemotherapie beim Ovarialkarzinom vergleichsweise wirksam – wirksamer als bei gastrointestinalen Tumoren. Doch der aktuelle Standard des chirurgischen Debulkings ist ein schlechtes Konzept. Ein schlechtes Konzept.
Ovarialkarzinom-Patientinnen sollten dieselbe sorgfältige Zytoreduktion erhalten, mit Peritonektomie und viszeralen Resektionen, bis keine sichtbaren Krankheitszeichen mehr vorhanden sind. Sie sollten eine radikale Entfernung allen sichtbaren Krebses bekommen. Genau das, was wir beim Peritonealmesotheliom anwenden. Derzeit geschieht das nicht.
Die radikale chirurgische Resektion des gesamten Tumors ist der erste und wichtigste Schritt zu einer besseren Ovarialkarzinom-Behandlung. Ziel muss es sein, diese chirurgisch-onkologischen Prinzipien der Peritonealhöhlen-Behandlung bei allen Ovarialkarzinom-Patientinnen anzuwenden. Sowohl primäre als auch rezidivierende Ovarialkarzinome verdienen die bestmögliche chirurgische Versorgung.
Dr. Anton Titov, MD: Derzeit ist das nicht der Fall. Sollten mehr Patientinnen mit Ovarialkarzinom eine bessere chirurgische Resektion erhalten?
Dr. Paul Sugarbaker, MD: Nein, nein, das ist nicht der aktuelle Standard. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bekommen nur wenige Patientinnen diese Behandlung. Es handelt sich um eine sehr aufwändige Operation, um die gesamte Ausbreitung des Karzinoms vom Peritoneum zu entfernen.
Einige Patientinnen sind älter und weniger belastbar. Es ist nicht angemessen, sie einem achtstündigen Eingriff mit zytoreduktiver Chirurgie und hyperthermer intraperitonealer Chemotherapie (HIPEC) zu unterziehen. Man muss also sehr selektiv vorgehen, welche Patientin für eine radikale Resektion infrage kommt.
Es lohnt sich nicht, eine große Operation durchzuführen, nur damit die Patientin anschließend verstirbt. Ebenso wenig ist es vertretbar, einen so umfangreichen Eingriff vorzunehmen, dass die Lebensqualität dauerhaft beeinträchtigt bleibt. Die Selektion ist daher unerlässlich.
Dr. Anton Titov, MD: Der erste Schritt zu besseren Behandlungsergebnissen ist also, dass der Chirurg Peritonektomie und viszerale Resektion anwendet, um alle sichtbaren Krankheitszeichen zu entfernen.
Dr. Paul Sugarbaker, MD: Meine beste Empfehlung für die Behandlung von Ovarialkarzinom-Patientinnen ist derzeit: eine sorgfältige und vollständige zytoreduktive Chirurgie in Kombination mit hyperthermer intraperitonealer Chemotherapie (HIPEC).