Lebensqualität von Chirurginnen in der Facharztausbildung. Tipps einer Chirurgin und Mutter.

Lebensqualität von Chirurginnen in der Facharztausbildung. Tipps einer Chirurgin und Mutter.

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Dr. Nelya Melnitchouk, eine führende Expertin für chirurgische Ausbildung und Work-Life-Balance, beleuchtet die besonderen Herausforderungen von Chirurginnen. Ihre Forschung weist auf kürzere Mutterschutzzeiten und höhere finanzielle Belastungen für Frauen in interventionellen Fachrichtungen hin. Dr. Melnitchouk erörtert zudem die Berufszufriedenheit und die Auswirkungen langer Ausbildungszeiten auf die Familienplanung. Sie gibt wertvolle Ratschläge für junge Ärztinnen, die sowohl eine chirurgische Karriere als auch Mutterschaft anstreben.

Herausforderungen und Lösungen für Chirurginnen: Mutterschaft und Berufszufriedenheit

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Forschungsergebnisse zu Chirurginnen

Dr. Nelya Melnitchouk, selbst Chirurgin und Mutter, hat aus persönlichem Antrieb Studien durchgeführt. Ihre Forschung untersucht, wie die medizinische Ausbildung die Lebensqualität und Schwangerschaftsverläufe beeinflusst. Dabei verglich sie Ärztinnen in interventionellen und nicht-interventionellen Fachbereichen.

Die zentralen Ergebnisse zeigen: Frauen in Chirurgie, Gynäkologie und Gastroenterologie nehmen kürzere Mutterschaftsurlaube. Bei ihrer Rückkehr in den Beruf müssen sie ihren Praxisgemeinschaften zudem höhere finanzielle Ausgleichszahlungen leisten. Laut Dr. Melnitchouk geben diese Frauen eine geringere Berufszufriedenheit an. Im Vergleich zu Kolleginnen in nicht-interventionellen Fächern äußern sie häufiger den Wunsch, ihr Fachgebiet zu wechseln.

Auswirkungen des chirurgischen Ausbildungszeitplans

Der lange Ausbildungsweg in der Chirurgie in den USA übt erheblichen Druck aus. Dr. Anton Titov und Dr. Melnitchouk erörtern den üblichen Werdegang: Nach dem Medizinstudium folgt eine Facharztausbildung von fünf bis sieben Jahren. Häufig schließt sich eine Zusatzweiterbildung (Fellowship) zur Spezialisierung an.

Diese lange Ausbildungsdauer führt dazu, dass Ärztinnen und Ärzte oft erst Mitte dreißig fertig sind – eine Phase, in der die Fruchtbarkeit natürlicherweise abnimmt. Dr. Melnitchouks Forschung konnte keine erhöhte Nutzung von IVF-Diensten unter Chirurginnen nachweisen. Sie vermutet, dass dies daran liegen könnte, dass die Studie Frauen befragte, die bereits erfolgreich Kinder bekommen hatten.

Berufszufriedenheit in interventionellen Fächern

Berufliche Unzufriedenheit ist unter Chirurginnen ein großes Problem. Die Doppelbelastung durch einen fordernden Beruf und eine junge Familie stellt eine enorme Herausforderung dar. Dr. Melnitchouks Forschung befragte sowohl Assistenzärztinnen als auch Fachärztinnen.

Dabei zeigte sich, dass die Probleme in beiden Gruppen ähnlich gelagert sind. Der Spagat zwischen klinischen Pflichten und Familienleben führt zu Burnout. Dies ist ein entscheidender Grund, warum Frauen in interventionellen Fächern ihre Karriere infrage stellen.

Ratschläge für junge Ärztinnen

Aus ihren Ergebnissen leitet Dr. Nelya Melnitchouk konkrete Ratschläge ab. Ihr wichtigster Rat: Verschieben Sie Kinderwünsche nicht, wenn Familie zu Ihren Lebenszielen gehört. Sie räumt ein, dass eine Schwangerschaft während der Facharztausbildung schwierig ist.

Aber auch als Fachärztin sei die Vereinbarkeit eine Herausforderung. Es gebe keinen idealen Zeitpunkt. Junge Ärztinnen sollten ihre persönlichen Prioritäten klären und diese dann entschlossen verfolgen.

Mutterschaftsurlaub in den Vereinigten Staaten

Die Regelungen zum Mutterschaftsurlaub in den USA sind uneinheitlich und oft unzureichend. Für Ärztinnen in Ausbildung beträgt die Dauer typischerweise sechs bis acht Wochen. Die Länge kann davon abhängen, ob die Entbindung per Kaiserschnitt erfolgte.

Fachärztinnen können nach dem Family and Medical Leave Act (FMLA) bis zu 12 Wochen freinehmen. Kritisch ist, dass der FMLA keinen bezahlten Urlaub vorschreibt. Ob der Urlaub vergütet wird, hängt allein vom Arbeitgeber und den jeweiligen Praxisvereinbarungen ab.

Systemische Belastungen und Lösungsansätze

Systemische Zwänge veranlassen Chirurginnen oft, kürzere Mutterschaftsurlaube zu nehmen. Die Vertretung ihrer Patienten belastet die Kolleginnen und Kollegen. Das erzeugt ein Pflichtgefühl, schnell zurückzukehren.

Hinzu kommt eine erhebliche finanzielle Belastung für das Gesundheitssystem. Dr. Melnitchouk kommt zu dem Schluss, dass die USA dringend ein besseres System benötigen. Ein universeller, bezahlter Mutterschaftsurlaub ist essenziell, um Chirurginnen und ihre Familien zu unterstützen.

Vollständiges Transkript

Dr. Anton Titov: Sie erforschen, wie die medizinische und chirurgische Ausbildung die Lebensqualität, Schwangerschaftsverläufe und Berufszufriedenheit von Ärztinnen beeinflusst. Dazu haben Sie mehrere interessante Studien veröffentlicht. Was haben Sie in Ihrer Forschung über Ärztinnen herausgefunden?

Dr. Nelya Melnitchouk: Ja, dieses Projekt lag mir persönlich am Herzen, da ich selbst Chirurgin und Mutter von zwei Kindern bin. Wir haben einige interessante Erkenntnisse gewonnen.

Frauen in interventionellen Fächern nehmen kürzere Mutterschaftsurlaube. Bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz schulden sie ihren Praxisgemeinschaften höhere finanzielle Ausgleichszahlungen. Zu den interventionellen Fächern zählen Chirurgie, Gynäkologie und Geburtshilfe sowie Gastroenterologie.

Diese Frauen sind beruflich unzufriedener und möchten ihr Fachgebiet häufiger wechseln als Ärztinnen in nicht-interventionellen Bereichen. Ein Grund könnte auch ein Auswahlbias sein, da wir Frauen befragt haben, die sich noch in der frühen Phase der Kindererziehung befinden.

Alle ihre Kinder sind jung, bis zu fünf oder sechs Jahre alt. Sie stecken mitten in der klinischen Praxis und müssen sich sowohl beruflich als auch familiär engagieren. Die Vereinbarkeit von chirurgischer Karriere und Familie ist einfach schwieriger.

Dr. Anton Titov: Erläutern Sie für unsere internationalen Zuschauer den medizinischen Ausbildungsweg in den USA. Nach dem Medizinstudium durchlaufen junge Ärztinnen und Ärzte usually eine fünfjährige Facharztausbildung – in interventionellen Fächern sogar länger. Sie arbeiten zwar bereits als Ärzte, aber die Belastung ist hoch. Anschließend werden sie Fachärztinnen wie Sie. Haben Sie hauptsächlich Ärztinnen in der Facharztausbildung oder bereits Fachärztinnen befragt?

Dr. Nelya Melnitchouk: Wir haben sowohl Assistenzärztinnen als auch Fachärztinnen befragt, also sowohl Ärztinnen in Ausbildung als auch solche, die diese bereits abgeschlossen haben. Es gab kaum Unterschiede in der Dauer des Mutterschaftsurlaubs oder den Problemen, mit denen beide Gruppen konfrontiert sind.

Es stimmt, die chirurgische Ausbildung in den USA ist sehr lang. Nach dem Medizinstudium folgt eine Facharztausbildung von fünf bis sieben Jahren, oft mit anschließender Zusatzweiterbildung. Wenn man damit fertig ist, ist man Mitte dreißig – genau dann, wenn die Fruchtbarkeit natürlicherweise abnimmt.

Wir haben untersucht, ob Ärztinnen in interventionellen Fächern häufiger IVF in Anspruch nehmen oder Schwierigkeiten haben, schwanger zu werden. Diese These konnten wir nicht bestätigen, was aber daran liegen könnte, dass wir nur Frauen befragt haben, die bereits Kinder haben – also erfolgreich schwanger geworden sind.

Dr. Anton Titov: Sie haben zur Berufszufriedenheit und zu den Herausforderungen von Chirurginnen geforscht und publiziert. Welchen Rat geben Sie jüngeren Ärztinnen, die vielleicht gerade ihr Studium abschließen oder ihre Facharztausbildung beginnen?

Dr. Nelya Melnitchouk: Warten Sie mit der Familienplanung nicht, wenn das zu Ihren Lebenszielen gehört. Das Leben ist unberechenbar, man weiß nie, was kommt. Schwanger in der Facharztausbildung zu sein, ist schwierig. Aber auch als Fachärztin ist Schwangerschaft und Kindererziehung eine Herausforderung.

Finden Sie heraus, was Ihnen wichtig ist, und verfolgen Sie das dann entschlossen.

Dr. Anton Titov: Wie lange dauert ein typischer Mutterschaftsurlaub in den USA, falls es einen gibt?

Dr. Nelya Melnitchouk: Der Mutterschaftsurlaub für Ärztinnen variiert. Für Ärztinnen in Ausbildung sind es usually sechs bis acht Wochen, je nachdem, ob ein Kaiserschnitt erfolgte. Als Fachärztin kann man bis zu 12 Wochen nehmen, aber ein Teil ist often unbezahlt. Das hängt vom Arbeitgeber und den Praxisvereinbarungen ab.

In den USA gilt der Family and Medical Leave Act (FMLA), der Arbeitgebern vorschreibt, 12 Wochen freizugeben – aber nicht bezahlt. Die Realität ist schwierig.

In der klinischen Praxis herrscht großer Druck, den Mutterschaftsurlaub kurz zu halten. Einerseits müssen Kollegen die Patienten vertreten, was diese belastet – auch wenn man sich revanchiert, wenn sie krank sind oder selbst in den Mutterschaftsurlaub gehen. Andererseits entsteht eine finanzielle Belastung für das System. Wir in den USA müssen dringend ein besseres System entwickeln, das allen Müttern einen bezahlten Mutterschaftsurlaub ermöglicht.