Ein Leitfaden für Patientinnen mit metastasierendem hormonrezeptorpositivem Brustkrebs

Ein Leitfaden für Patientinnen mit metastasierendem hormonrezeptorpositivem Brustkrebs

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Dieser Übersichtsartikel erläutert, wie Ärztinnen und Ärzte die häufigste Form des metastasierten Brustkrebses behandeln: das hormonrezeptorpositive (ER+/HER2-) Mammakarzinom. Im Zentrum steht die Erkenntnis, dass eine Kombination aus endokriner Therapie (hormonblockierende Behandlung) und CDK4/6-Inhibitoren den Standard in der Erstlinientherapie bildet und das Fortschreiten der Erkrankung deutlich verzögert. Der Artikel stellt die wegweisenden klinischen Studien vor, die diesen Ansatz untermauern, diskutiert das Ansprechen verschiedener Patientengruppen und wirft einen Blick auf vielversprechende neue Therapieoptionen – wie Antikörper-Wirkstoff-Konjugate – für den Fall, dass der Krebs auf initiale Behandlungen resistent wird.

Ein Patientenleitfaden zur Behandlung von hormonrezeptorpositivem metastasiertem Brustkrebs

Inhaltsverzeichnis

Einführung: Ihr Krebstyp im Überblick

Östrogenrezeptor-positiver, HER2-negativer Brustkrebs (häufig als Luminal-Typ bezeichnet) ist die häufigste Form der Erkrankung und macht etwa 70 % aller Brustkrebsfälle aus. Trotz bestmöglicher Behandlung nach der Erstdiagnose erleiden 5 % bis 25 % der Patientinnen einen Rückfall. Dieser Krebs kann manchmal viele Jahre nach der ursprünglichen Diagnose wieder auftreten.

Ein kleinerer Prozentsatz der Patientinnen wird mit de novo metastasiertem Brustkrebs (MBC) diagnostiziert, was bedeutet, dass der Krebs zum Zeitpunkt der Erstdiagnose bereits in andere Körperteile gestreut hat. In großen klinischen Studien der letzten Jahre machten diese Patientinnen etwa 30 % der Teilnehmerinnen aus. Es ist wichtig zu verstehen, dass metastasierter Brustkrebs derzeit als unheilbar gilt.

Die Hauptziele der Behandlung sind, das Leben der Patientinnen zu verlängern, ihre Lebensqualität zu erhalten oder zu verbessern, Symptome zu lindern und ihre persönlichen Wünsche und Behandlungsziele zu berücksichtigen.

Aktueller Behandlungsstandard: CDK-4/6-Inhibitoren

Die etablierte Erstlinientherapie zur Behandlung von fortgeschrittenem luminalem Brustkrebs ist eine Kombination aus endokriner Therapie (ET) und Cyclin-abhängigen Kinase (CDK)-4/6-Inhibitoren. Dies gilt unabhängig davon, wie weit die Erkrankung fortgeschritten ist. Der Standardansatz umfasst den Einsatz mehrerer Linien endokriner und zielgerichteter Therapien, bis der Krebs Resistenzen entwickelt, woraufhin eine palliative Chemotherapie in Betracht gezogen wird.

Das Verständnis dafür, warum Krebs gegen Hormontherapie resistent wird, und die Entwicklung neuer Behandlungsoptionen gehören zu den größten Herausforderungen der aktuellen Krebsforschung. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Verbesserung der Therapien nach Versagen der endokrinen Behandlung. Die Entwicklung von Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten (AWK) ist besonders vielversprechend, und einige dieser Medikamente werden voraussichtlich bald zum Standardarsenal gegen diese Erkrankung gehören.

Klinische Überlegungen: Verhalten sich alle CDK-4/6-Inhibitoren gleich?

Basierend auf den Ergebnissen mehrerer großer Phase-III-Studien werden drei CDK-4/6-Inhibitoren – Palbociclib (Ibrance), Abemaciclib (Verzenio) und Ribociclib (Kisqali) – in Kombination mit endokriner Behandlung eingesetzt. Diese Kombination ist nicht nur eine Standardtherapie, sondern gilt als einer der größten Durchbrüche in der Brustkrebs-Onkologie der letzten zwanzig Jahre.

Die Hauptergebnisse dieser wegweisenden Studien sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst. Aktuelle medizinische Leitlinien empfehlen, dass nahezu jede Patientin mit fortgeschrittenem luminalem Brustkrebs mit einem CDK-4/6-Inhibitor behandelt werden sollte. Diese Empfehlung basiert auf einem klinisch bedeutsamen Vorteil im progressionsfreien Überleben (PFS), der in allen Studien beobachtet wurde.

Wichtige Studienergebnisse:

  • PALOMA-2 (Palbociclib + Letrozol): Medianes PFS betrug 24,8 Monate vs. 14,5 Monate mit Placebo (Hazard Ratio [HR] 0,58).
  • MONALEESA-2 (Ribociclib + Letrozol): Medianes PFS betrug 25,3 Monate vs. 16,0 Monate mit Placebo (HR 0,56). Der Gesamtüberlebensvorteil (OS) war ebenfalls signifikant (HR 0,76).
  • MONARCH-3 (Abemaciclib + NSAI): Medianes PFS betrug 28 Monate vs. 14,7 Monate mit Placebo (HR 0,54).
  • Ähnlich signifikante Vorteile wurden in Zweitlinien-Settings und bei prämenopausalen Frauen in Kombination mit anderen endokrinen Wirkstoffen wie Fulvestrant beobachtet.

Obwohl die Ergebnisse insgesamt ähnlich sind, bestehen einige Unterschiede. Ein signifikanter Vorteil im Gesamtüberleben (OS) wurde in Studien mit Ribociclib (MONALEESA-2, -3, -7) und Abemaciclib (MONARCH-2) beobachtet, nicht jedoch in den beiden großen Studien mit Palbociclib (PALOMA-2 und -3). Der Grund für diesen Unterschied ist nicht vollständig geklärt, könnte aber mit der Patientenselektion oder dem Krankheitsverlauf nach Progress unter diesen Medikamenten zusammenhängen.

Die beste Abfolge verschiedener endokriner Rückgrat-Medikamente hängt davon ab, welche Medikamente eine Patientin bereits erhalten hat, wie lange sie darauf angesprochen hat, dem Ausmaß der Erkrankung, der Patientinnenpräferenz und der Verfügbarkeit der Medikamente. Das längste PFS wird im Allgemeinen erreicht, wenn diese Kombinationen als Erstlinientherapie eingesetzt werden.

Behandlungsaspekte bei besonderen Patientengruppen

Historisch waren prämenopausale Frauen in Krebsstudien unterrepräsentiert. Die MONALEESA-7-Studie konzentrierte sich speziell auf diese Gruppe (672 Patientinnen) und zeigte, dass der Nutzen der Addition eines CDK-4/6-Inhibitors zur endokriner Therapie (mit ovarieller Suppression) vergleichbar mit dem bei postmenopausalen Frauen war. Eine separate Studie ergab sogar, dass prämenopausale Patientinnen mit Palbociclib + ET ein längeres PFS (20 Monate) hatten als mit Chemotherapie (14,4 Monate), was den Einsatz dieser Kombinationen bei jüngeren Patientinnen unterstützt.

Ältere Patientinnen sind ebenfalls oft unterrepräsentiert. Eine gemeinsame Analyse von Palbociclib-Studien, die 304 Patientinnen im Alter von 65 Jahren oder älter einschloss, ergab, dass die Wirksamkeit der Behandlung erhalten blieb, mit einem medianen PFS von 27,5 Monaten für Patientinnen im Alter von 65–74 Jahren. Auch die Lebensqualität blieb erhalten. Daten für Patientinnen über 75 Jahre oder mit erheblicher Gebrechlichkeit sind jedoch noch begrenzt, und Ärzte müssen bei dieser Population besonders auf mögliche Arzneimittelinteraktionen achten.

Männliche Patienten waren nur für eine große Studie (MONALEESA-3) zugelassen, und obwohl die Rekrutierung schnell verlief, wurden letztendlich keine eingeschlossen. Eine separate Real-World-Studie schloss eine kleine Anzahl von Männern ein (1,2 %, 39 Patienten), aber diese Zahl ist zu niedrig, um spezifische Schlussfolgerungen zu ziehen. Trotz des Mangels an Daten empfehlen aktuelle Leitlinien, Männern die gleichen Behandlungsoptionen wie Frauen anzubieten.

Spielt die Tumorbiologie eine Rolle? Die Bedeutung von Biomarkern

Die häufigsten molekularen Alterationen bei dieser Art von Brustkrebs sind Mutationen in den Genen ESR1 und PIK3CA. Eine ESR1-Mutation wird oft nach vorheriger Behandlung mit einem Aromatasehemmer (bei 30 %–40 % der Patientinnen) gefunden und ist typischerweise mit einer schlechteren Prognose verbunden. Eine PIK3CA-Alteration tritt bei etwa 40 % der Patientinnen auf und scheint mit einem schlechteren Gesamtüberleben und Resistenz gegen Chemotherapie verbunden zu sein.

Wichtig ist, dass der Nutzen der Addition eines CDK-4/6-Inhibitors zur endokriner Therapie unabhängig davon zu bestehen scheint, ob diese spezifischen Mutationen vorliegen. Forscher unternehmen beispiellose Anstrengungen, um mit fortgeschrittener genetischer Testung Biomarker zu finden, die vorhersagen, wer am besten auf diese Medikamente anspricht.

Eine große gepoolte Analyse deutete beispielsweise darauf hin, dass Patientinnen mit Alterationen in bestimmten Genen (FRS2, PRKCA, MDM2, ERBB2, AKT1_E17K, BRCA1/2) einen größeren Nutzen von Ribociclib haben könnten, während Alterationen in anderen Genen (CHD4, BCL11B, ATM, CDKN2A/2B/2C) mit Resistenz verbunden sein könnten. Diese Ergebnisse werden jedoch noch als hypothesengenerierend betrachtet und sind noch nicht für den Einsatz in der täglichen klinischen Praxis geeignet.

Die Überwachung von Krebs-DNA im Blut (ctDNA) während der Behandlung könnte ein besserer Weg sein, um Langzeitergebnisse vorherzusagen als ein einzelner Test zu Beginn. Die PADA-1-Studie zeigte, dass Patientinnen, bei deren ctDNA ein Anstieg von ESR1-Mutationen festgestellt wurde, von einem frühen Wechsel der Behandlung profitieren konnten, bevor der Krebs sichtbare Progressionszeichen zeigte.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass zwar große Anstrengungen unternommen wurden, um Biomarker zu finden, aber derzeit keiner zur Therapieentscheidung eingesetzt wird. Das Vorhandensein bestimmter Mutationen und ihre Veränderungen im Laufe der Zeit haben jedoch einen klaren prognostischen Wert, das heißt, sie können helfen, den wahrscheinlichen Krankheitsverlauf anzuzeigen.

Zukünftige Entwicklungen und neue Therapieansätze

Wenn der Krebs unter CDK-4/6-Inhibitoren fortschreitet, zeigt das molekulare Profiling oft neue genetische Veränderungen, wie Alterationen im FGFR-Signalweg oder in etwa 5 % der Fälle RB1-Genmutationen. Das Verständnis dieser Resistenzmechanismen ist entscheidend für die Entwicklung der nächsten Therapielinien.

Einer der vielversprechendsten Entwicklungsbereiche sind Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (AWK). Dabei handelt es sich um ausgeklügelte Medikamente, die einen wirksamen Chemotherapie-Wirkstoff direkt an Krebszellen liefern, indem sie ihn an einen Antikörper binden, der diese Zellen aufspürt. Dieser gezielter Ansatz zielt darauf ab, den Schaden für den Krebs zu maximieren und die Nebenwirkungen für die Patientin zu minimieren. Der Übersichtsartikel stellt fest, dass einige dieser AWK voraussichtlich bald ein standardmäßiger Teil des Behandlungsarsenals werden.

Für die kleine Untergruppe von Patientinnen mit ER-positivem metastasiertem Brustkrebs, die auch eine vererbte Keimbahn-BRCA-Mutation haben, sind PARP-Inhibitoren wie Olaparib oder Talazoparib eine wichtige Behandlungsoption. Die beste Abfolge der Anwendung von PARP-Inhibitoren versus CDK-4/6-Inhibitoren ist noch unbekannt, aber angesichts des Gesamtüberlebensvorteils unter CDK-4/6-Inhibitoren werden diese generell zuerst empfohlen.

Zusammenfassung und Kernaussagen

Das Behandlungsspektrum für hormonrezeptorpositiven, HER2-negativen metastasierten Brustkrebs wurde durch die Einführung von CDK-4/6-Inhibitoren in Kombination mit endokriner Therapie revolutioniert. Dieser Ansatz ist die Standard-Erstlinientherapie für die meisten Patientinnen und bietet signifikante Verzögerungen des Krankheitsprogresses und für einige Medikamente eine Verbesserung des Gesamtüberlebens.

Behandlungsentscheidungen werden personalisiert basierend auf dem Menopausenstatus der Patientin, vorherigen Behandlungen und dem allgemeinen Gesundheitszustand. Während umfangreiche Forschung im Gange ist, um Biomarker zu finden, die das Ansprechen vorhersagen können, wird derzeit keiner routinemäßig zur Therapieauswahl eingesetzt. Die Zukunft ist vielversprechend, wobei mehrere neue Wirkstoffklassen, insbesondere Antikörper-Wirkstoff-Konjugate, großes Potenzial für die Behandlung der Erkrankung nach Resistenz gegen aktuelle Standardtherapien zeigen.

Quellenangaben

Originaltitel des Artikels: How I treat endocrine-dependent metastatic breast cancer
Autoren: A. Gombos, A. Goncalves, G. Curigliano, R. Bartsch, J. A. Kyte, M. Ignatiadis, A. Awada
Veröffentlichung: ESMO Open, Volume 8, Issue 2, 2023
Dieser patientenfreundliche Artikel basiert auf peer-reviewter Forschung und zielt darauf ab, den originalen wissenschaftlichen Inhalt umfassend für ein gebildetes Patientenpublikum zu übersetzen, wobei alle Schlüsseldaten, Ergebnisse und der klinische Kontext erhalten bleiben.