Behandlung des Zytokinsturms. Teil 2: JAK-Inhibitoren und Kortikosteroide. 5

Behandlung des Zytokinsturms. Teil 2: JAK-Inhibitoren und Kortikosteroide. 5

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Dr. Randy Cron, MD, ein führender Experte für Zytokinsturmsyndrome, erläutert die Rolle von JAK-Inhibitoren und Kortikosteroiden bei der Behandlung von schwerem COVID-19. Er geht detailliert auf die Wirkungsweise dieser immunmodulatorischen Therapien ein und unterstreicht die entscheidende Bedeutung der Patientenauswahl sowie des richtigen Zeitpunkts für die Steroidgabe. Zudem skizziert er klinische Marker, die helfen, diejenigen Patienten zu identifizieren, die am meisten von der Behandlung profitieren. Dieser Ansatz gilt inzwischen als Standardtherapie für viele hospitalisierte Patientinnen und Patienten.

JAK-Inhibitoren und Kortikosteroide bei der Behandlung von Zytokinstürmen bei COVID-19

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Wirkmechanismus von JAK-Inhibitoren

Dr. Randy Cron, MD, beschreibt Januskinase(JAK)-Inhibitoren als niedermolekulare Wirkstoffe, die intrazelluläre Kinasen hemmen – Proteine, die innerhalb der Zellen Signale weiterleiten. Diese Medikamente zielen auf Rezeptoren für mehrere proinflammatorische Zytokine ab, darunter Interleukin-6 und Interferon-gamma. Dadurch können sie die Signalübertragung mehrerer Zytokine gleichzeitig blockieren.

Laut Dr. Cron nehmen JAK-Inhibitoren eine Mittelstellung in der Immunsuppression ein: Sie sind nicht so breit wirksam wie Glukokortikoide, greifen aber gezielter an als Einzelzytokin-Hemmer. Einige Studien zeigen einen Überlebensvorteil bei schwerem COVID-19, während andere diesen Nutzen nicht bestätigen konnten.

Wirksamkeit von Kortikosteroiden

Dr. Cron erläutert einen Paradigmenwechsel in der Behandlung: Obwohl die WHO bei früheren Coronavirus-Ausbrüchen (SARS, MERS) von Steroiden abriet, haben sich diese bei COVID-19 als hochwirksam erwiesen. Glukokortikoide gelten mittlerweile als eine der besten Behandlungen für das assoziierte Zytokinsturmsyndrom.

Sterioide wirken breit immunsuppressiv. Zwar sind sie kein vollständiger "Volltreffer", aber sie helfen nachweislich bei der Modulation der hyperinflammatorischen Reaktion. Ihre weltweite Verfügbarkeit macht sie zudem zu einem entscheidenden Instrument im Management schwerer Fälle.

Patientenauswahl und Zeitpunkt

Dr. Cron betont, dass die Auswahl der Patienten und der Zeitpunkt der Kortikosteroidgabe entscheidend sind. Er skizziert den typischen Verlauf einer COVID-19-Infektion: Bis zu 40 % der Infizierten bleiben asymptomatisch, weitere 40–50 % entwickeln eine erkältungs- oder grippeähnliche Symptomatik. Nur 10–20 % benötigen aufgrund von Atemnot und Sauerstoffbedarf eine Hospitalisierung.

Von einer Steroidgabe in den ersten fünf Tagen nach Symptombeginn rät Dr. Cron ab, da in dieser Phase die Virusreplikation aktiv ist und das Immunsystem die Infektion bekämpfen muss. Der optimale Zeitpunkt ist erreicht, wenn ein Patient Sauerstoff benötigt und hospitalisiert werden muss – dann lässt sich die Immununterstützung mit der Entzündungskontrolle in Einklang bringen.

Klinische Entzündungsmarker

Die Identifizierung geeigneter Patienten für eine immunmodulatorische Therapie erfordert die Überwachung spezifischer klinischer Marker. Dr. Cron weist darauf hin, dass die traditionellen Kriterien für das Zytokinsturmsyndrom bei COVID-19 nicht optimal funktionieren. Daher haben Kliniker COVID-spezifische Kriterien entwickelt, um Hyperinflammation besser zu erkennen.

Entscheidende Indikatoren für eine Behandlung sind Fieber, Sauerstoffbedarf, PCR-bestätigte Infektion und bildgebender Nachweis einer Lungenerkrankung (Röntgen-Thorax oder CT). Erhöhte Entzündungsmarker wie C-reaktives Protein (CRP) oder Ferritin helfen zusätzlich, steroidresponsive Patienten zu identifizieren. Diese Kombination aus klinischen und laborchemischen Befunden leitet die Therapieentscheidungen.

Rolle antiviraler Therapien

Dr. Cron unterstreicht die Bedeutung einer Kombination aus antiviralen Therapien und Immunmodulatoren. Antivirale Medikamente wie Remdesivir für hospitalisierte Patienten oder orale Proteaseinhibitoren für ambulante Fälle wirken, indem sie die Virusreplikation unterdrücken. Eine frühzeitige Gabe ist entscheidend.

Die Kontrolle des viralen Auslösers kann den nachfolgenden Zytokinsturm verhindern oder abschwächen. Dies gilt für alle Zytokinsturmsyndrome: Die Behandlung der Ursache ist ein grundlegender Bestandteil des Managements. Wie im Interview mit Dr. Anton Titov, MD, deutlich wird, bietet ein mehrgleisiger Ansatz, der sowohl das Virus als auch die hyperinflammatorische Reaktion adressiert, die besten Ergebnisse für Patienten.

Vollständiges Transkript

Dr. Randy Cron, MD: Es gibt eine Gruppe von Medikamenten, die Januskinase-Inhibitoren genannt werden. Dies sind kleine Moleküle, die Kinasen hemmen – Proteine in der Zelle, die Signale weiterleiten. Diese Kinasen sind mit Zytokinrezeptoren für verschiedene proinflammatorische Zytokine wie Interleukin-6 oder Interferon-gamma assoziiert. Sie hemmen nicht nur die Signalübertragung eines einzelnen Zytokins, sondern mehrerer Zytokine, die diese Rezeptoren und Kinasen teilen. Dennoch sind sie nicht so breit immunsuppressiv wie beispielsweise Glukokortikoide. Sie nehmen eine Mittelstellung ein. Einige Studien zeigen einen Überlebensvorteil bei Patienten mit schwerem COVID-19, andere nicht.

Ich glaube, ich habe dies bereits in unserem ersten Gespräch erwähnt: Interessanterweise haben sich Glukokortikoide, die weltweit als entzündungshemmende Steroide verfügbar sind, trotz früherer Empfehlungen der WHO bei SARS und MERS, Steroide wegen möglicher Immunsuppression zu meiden, bei COVID-19 als wahrscheinlich beste Behandlung für das Zytokinsturmsyndrom erwiesen. Das liegt an ihrer breiten immunsuppressiven Wirkung. Wiederum kein Volltreffer wie bei anderen Zytokinsturmsyndromen, aber definitiv hilfreich.

Dr. Randy Cron, MD: Allerdings ist die Patientenauswahl komplex – also, welchen COVID-Patienten man diese gibt. Ebenso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger, ist der Zeitpunkt der Verabreichung. Dieses Virus kann bis zu 40 % der Infizierten betreffen, unabhängig von der Variante.

Viele Menschen bleiben asymptomatisch. Weitere 40–50 % entwickeln eine ein- bis zweiwöchige erkältungs- oder grippeähnliche Erkrankung. Unangenehm, aber nicht hospitalisierungspflichtig. Dann gibt es die 10 bis 20 %, die hospitalisiert werden müssen, meist weil das Virus die Lunge befällt und Atemnot sowie Sauerstoffbedarf verursacht.

Innerhalb der ersten fünf Tage nach Symptombeginn – Fieber, Husten, manchmal gastrointestinale Symptome – sollte man keine Steroide geben. In dieser Phase repliziert und verbreitet sich das Virus, und das Immunsystem muss die Infektion bekämpfen. Steroide würden dies früh unterdrücken. Man sollte aber auch nicht zu lange warten. Sobald ein Sauerstoffbedarf besteht und eine Hospitalisierung nötig ist, haben Studien nach Markern für Hyperinflammation gesucht.

Verschiedene Gruppen haben unterschiedliche Kriterien untersucht. Die bisher für andere Zytokinstürme verwendeten Kriterien funktionieren bei COVID-19 nicht optimal. Daher wurden COVID-spezifische Kriterien entwickelt. Sie sind akzeptabel, aber nicht ideal.

Dr. Randy Cron, MD: Wenn jedoch zusätzlich zu Fieber und Sauerstoffbedarf ein Infektionsnachweis (meist per PCR), ein Nachweis einer Lungenerkrankung (bildgebend, z.B. Röntgen-Thorax oder CT) und ein oder zwei erhöhte Entzündungsmarker wie C-reaktives Protein oder Ferritin vorliegen, profitieren diese Patienten wahrscheinlich von Steroiden. Das hat sich weitgehend bestätigt. Daher sind Steroide für die meisten hospitalisierten Patienten zum Standard geworden.

Dies schließt den Einsatz antiviraler Medikamente nicht aus, die man ebenfalls früh geben sollte – ob hospitalisiert mit Remdesivir oder ambulant mit oralen Proteaseinhibitoren, die die Virusreplikation hemmen. Kann man das Virus unterdrücken, fällt der Zytokinsturm milder aus. Das gilt für alle Zytokinstürme: Wenn der Auslöser bekannt ist – was oft nicht der Fall ist – sollte man ihn unbedingt mitbehandeln.