Dr. David Ellison, MD, ein führender Experte für Hypertonie und Herzinsuffizienz, erläutert die anhaltende Bedeutung von Diuretika in der Therapie und gibt einen Ausblick auf deren künftige Rolle im nächsten Jahrzehnt. Er hebt die Entwicklung neuer Wirkstoffe wie Finerenon hervor – einen nichtsteroidalen Mineralokortikoidrezeptorantagonisten, der möglicherweise Vorteile bei geringeren Nebenwirkungen bietet. Zudem betont er die Notwendigkeit, akut dekompensierte Herzinsuffizienz zu verhindern. Die Optimierung des Diuretika-Einsatzes bleibt ein zentrales klinisches Ziel.
Zukunft der Diuretikatherapie bei Hypertonie und Herzinsuffizienz
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- Bestehende Rolle der Diuretika
- Finerenone-Innovation
- Hyperkaliämie-Herausforderung
- Optimierung des Diuretikaeinsatzes
- Verhinderung der Herzinsuffizienz-Dekompensation
- Zukünftige Behandlungsrichtungen
- Vollständiges Transkript
Bestehende Rolle der Diuretika
Laut Dr. David Ellison, MD, werden Diuretika seit über 50 Jahren eingesetzt und bleiben bei der Behandlung von Hypertonie und Herzinsuffizienz äußerst wirksam. Ihre medizinische Geschichte reicht weit zurück: Bereits Paracelsus, der Vater der Pharmakologie, setzte vor Jahrhunderten Quecksilber als Diuretikum ein. Dr. Ellison geht davon aus, dass Diuretika auch künftig relevant bleiben. Die Zukunft liege in neuen Ansätzen und einer optimierten Anwendung bestehender Präparate.
Finerenone-Innovation
Dr. David Ellison, MD, bezeichnet Finerenone als bedeutenden Fortschritt. Dieser nichtsteroidale Mineralokortikoidrezeptorblocker unterscheidet sich von herkömmlichen Steroidantagonisten und könnte einen veränderten Wirkmechanismus aufweisen. Möglicherweise bietet er günstigere Effekte bei geringeren Nebenwirkungen. Das Medikament zielt auf Aldosteronwirkungen im gesamten Körper ab, einschließlich Effekte auf Blutgefäße, Gehirn und Nieren.
Hyperkaliämie-Herausforderung
Hyperkaliämie ist eine Hauptnebenwirkung von Mineralokortikoidrezeptorblockern. Viele Patienten können diese Medikamente aufgrund erhöhter Kaliumspiegel nicht einnehmen, wie Dr. David Ellison, MD, betont. Aktuelle Lösungen wie kaliumbindende Medikamente im Darm seien lediglich Umgehungsstrategien, die das Grundproblem nicht beheben. Er hofft, dass künftige Präparate wie Finerenone Rezeptoren in spezifischen Organen blockieren können, um das Hyperkaliämierisiko zu senken, ohne therapeutische Vorteile zu opfern.
Optimierung des Diuretikaeinsatzes
Dr. David Ellison, MD, sieht erhebliches Potenzial zur Verbesserung der Diuretikanwendung. Obwohl diese Medikamente seit fast einem Jahrhundert im Einsatz sind, könnten optimierte Strategien die Patientenoutcomes bei Herzinsuffizienz und Hypertonie verbessern. In der kardiologischen Literatur werde kontrovers diskutiert, ob Diuretika bei geeigneten Patienten abgesetzt werden sollten. Allerdings handle es sich dabei meist um Patienten mit milder Herzinsuffizienz.
Verhinderung der Herzinsuffizienz-Dekompensation
Die Prävention der akut dekompensierten Herzinsuffizienz ist ein zentrales Zukunftsziel. Dr. David Ellison, MD, unterstreicht die Bedeutung von Interventionen vor notwendigen Hospitalisierungen. Ein besseres Management könne Krankenhauseinweisungen reduzieren. Er plädiert für Strategien, die Patienten stabil auf Diuretika halten und dabei nachteilige kompensatorische Veränderungen minimieren. Der Fokus sollte auf langfristiger Stabilität statt kurzfristigen Lösungen liegen.
Zukünftige Behandlungsrichtungen
Dr. David Ellison, MD, skizziert die Zukunft der Diuretikatherapie: Ziel sei es, die Vorteile der Diurese ohne negative Nebenwirkungen zu erreichen. Potenzial sieht er in Medikamenten, die selektiv Mineralokortikoidrezeptoren ansteuern. Künftige Präparate könnten Rezeptoren im Herzen oder Gehirn blockieren, ohne Hyperkaliämie auszulösen. Die Verhinderung akuter Dekompensationen sollte im Mittelpunkt stehen – dies biete die vielversprechendste Perspektive für die Behandlung von Herzinsuffizienz und Hypertonie.
Vollständiges Transkript
Dr. Anton Titov, MD: Professor Ellison, wie sieht die Zukunft des Diuretikaeinsatzes bei Hypertonie und Herzinsuffizienz aus? Sie sind ein renommierter Experte an der Schnittstelle dieser beiden komplexen Erkrankungen. Was erwarten Sie in den nächsten 5 bis 10 Jahren?
Dr. David Ellison, MD: Seit 50 Jahren oder länger versuchen Ärzte, von Diuretika wegzukommen. Dennoch setzen wir sie ein, weil sie bemerkenswert wirksam sind. Diuretika werden schon seit der Antike verwendet – Paracelsus, der Vater der Pharmakologie, nutzte Quecksilber bereits vor Jahrhunderten zur Ödembehandlung. Daher glaube ich nicht, dass wir uns von Diuretika bei diesen Indikationen verabschieden werden. Und ich bin nicht sicher, ob wir das überhaupt wollen. Vielmehr werden wir neue Ansätze und Anwendungsweisen finden.
Nehmen wir das neue Medikament Finerenone, einen nichtsteroidalen Mineralokortikoidrezeptorblocker. Alle anderen Antagonisten sind Steroide, dieses jedoch nicht. Es gibt Hinweise auf einen unterschiedlichen Wirkmechanismus. Aldosteron wirkt im gesamten Körper, beeinflusst Blutgefäße, Gehirn und Nieren. Die Nebenwirkungen betreffen meist die Nieren, insbesondere die Hyperkaliämie.
Dr. David Ellison, MD: Viele Patienten, die für Mineralokortikoidrezeptorblocker infrage kommen, vertragen sie nicht aufgrund von Hyperkaliämie. Zwar gibt es Medikamente, die Kalium im Darm binden, doch das ist eine Umgehungslösung, die das Grundproblem nicht löst. Finerenone könnte vorteilhaftere Eigenschaften mit weniger Nebenwirkungen bieten. Sollte das nicht der Fall sein, könnten Nachfolgepräparate vielleicht gezielt Rezeptoren im Herzen oder Gehirn blockieren, ohne stark hyperkaliämisch zu wirken.
Es geht also darum, die positiven Effekte der Diurese ohne die negativen zu erhalten. Zum anderen besteht trotz fast 100-jähriger Anwendung erhebliches Potenzial, diese Medikamente besser einzusetzen.
Bei Herzinsuffizienz müssen wir versuchen, akute Dekompensationen und damit Krankenhauseinweisungen zu verhindern – hier müssen wir uns verbessern. In der Kardiologie wird diskutiert, ob man Patienten vorübergehend von Diuretika entwöhnen sollte. Bei einigen ist ein Absetzen möglich, und das Interesse daran war groß. Langfristig bessere Outcomes wurden jedoch nicht nachgewiesen. Die meisten dieser Patienten haben ohnehin eine milde Herzinsuffizienz.
Attraktiv erscheint mir vielmehr, Patienten dauerhaft auf Diuretika zu stabilisieren, ohne nachteilige Kompensationsmechanismen auszulösen. Daher sollten wir uns auf die Phase vor der akuten Dekompensation konzentrieren und diese verhindern. Darin sehe ich die Zukunft.