Dr. Heinz-Josef Lenz, ein führender Experte für die Immuntherapie bei kolorektalem Karzinom, erläutert, wie molekulare Tumormarkertests für Therapieentscheidungen von zentraler Bedeutung sind. Er erklärt das Konzept des molekularen Escape-Mechanismus, bei dem Kolonkarzinomzellen sich anpassen, um der Therapie zu entgehen, und hebt die Rolle der Flüssigbiopsie für das Echtzeit-Monitoring hervor. Dr. Lenz betont, dass Tests auf BRAF, Mikrosatelliteninstabilität (MSI), KRAS und NRAS unerlässlich sind, um Patienten zu identifizieren, die von Immun-Checkpoint-Inhibitoren und anderen zielgerichteten Therapien profitieren können.
Molekularer Escape und Immuntherapie bei Kolonkarzinom: Ein Überblick
Direkt zum Abschnitt
- Molekulare Testung für die Immuntherapie
- Seltene Mutationen und Therapieentscheidungen
- Das Konzept des molekularen Escape
- Liquid Biopsy zur Verlaufskontrolle
- Immuntherapie und Patientenauswahl
- Vollständiges Transkript
Molekulare Testung für Immuntherapie-Entscheidungen
Laut Dr. Heinz-Josef Lenz, MD, sind BRAF-, Mikrosatelliteninstabilität (MSI)-, KRAS- und NRAS-Testungen heute unverzichtbar für die Entscheidungsfindung bei der Immuntherapie des Kolonkarzinoms. Diese Biomarker sind entscheidend, um Patienten zu identifizieren, die am ehesten auf Immun-Checkpoint-Inhibitoren ansprechen. Tumore mit Mikrosatelliteninstabilität (MSI) zeigen dabei eine besonders hohe Empfindlichkeit gegenüber diesen Immunmodulatoren.
Seltene Mutationen und Therapieentscheidungen
Dr. Lenz hebt hervor, wie wichtig es ist, auch seltene Mutationen zu testen – selbst solche, die nur bei 1–2 % der Kolonkarzinom-Patienten auftreten. Dieser umfassende Ansatz stellt sicher, dass Onkologen auf künftige zielgerichtete oder Immuntherapien vorbereitet sind. In der Fachwelt wird intensiv diskutiert, wie sich diese erweiterte genetische Testung in die klinische Routine integrieren lässt, um die Präzisionsmedizin weiter voranzutreiben.
Das Konzept des molekularen Escape
Eine zentrale Herausforderung in der Kolonkarzinom-Therapie ist das Phänomen des „molekularen Escape“. Wie Dr. Lenz erläutert, sind die Tumorzellen, die eine Chemotherapie überstehen, nicht identisch mit den abgestorbenen Zellen. Die überlebenden Zellen entwickeln Resistenzmechanismen, was zur Evolution des Tumors und möglicherweise zur Therapieresistenz führen kann. Das bedeutet, dass sich das genetische Profil des Karzinoms im Laufe der Behandlung verändern kann.
Liquid Biopsy zur Echtzeit-Überwachung
Um dem molekularen Escape zu begegnen, betont Dr. Lenz die Bedeutung der Liquid Biopsy. Diese innovative Technologie ermöglicht es, die Evolution von Kolonkarzinom-Zellen in Echtzeit zu verfolgen – ohne wiederholte invasive Gewebebiopsien. Mittels einer einfachen Blutentnahme wird zirkulierende Tumor-DNA analysiert, was dynamische Einblicke in die genetischen Veränderungen des Tumors unter Therapie liefert.
Immuntherapie und Patientenauswahl
Dr. Lenz bestätigt, dass die Immuntherapie beim Kolonkarzinom wirksam ist, allerdings derzeit nur bei etwa 5–10 % der Patienten anspricht. Dies unterstreicht, wie wichtig eine präzise Patientenauswahl durch molekulares Profiling ist. Die Identifikation von Biomarkern wie BRAF-Mutationen und MSI-Status ist der beste Weg, um den Erfolg einer Immuntherapie vorherzusagen und Patienten mit fortgeschrittenem Stadium-4-Kolonkarzinom eine Chance auf dauerhaftes Ansprechen oder sogar Heilung zu bieten.
Vollständiges Transkript
Dr. Anton Titov, MD, im Gespräch mit Dr. Heinz-Josef Lenz, MD, einem führenden Experten für kolorektale Karzinome. Die Diskussion konzentriert sich auf die dringende Notwendigkeit, BRAF, MSI, KRAS und NRAS molekular zu testen, um Immuntherapie-Entscheidungen zu steuern. Dr. Lenz führt das Konzept des molekularen Escape ein, bei dem Tumorzellen evolvieren, um der Behandlung zu widerstehen, und plädiert für den Einsatz von Liquid Biopsy zur Echtzeit-Überwachung dieser Veränderungen. Das Gespräch betont, dass Präzisionsmedizin auf Basis wiederholter genetischer Profilerstellung essenziell ist, um fortgeschrittene Kolonkarzinom-Patienten optimal mit zielgerichteten und Immuntherapien zu versorgen.
Vollständiges Transkript
Dr. Heinz-Josef Lenz, MD: BRAF-, Mikrosatelliteninstabilität (MSI)-, KRAS- und NRAS-Testungen sind heute entscheidend für Immuntherapie-Entscheidungen beim Kolonkarzinom. Die Kolonkarzinom-Zellen, die eine Chemotherapie überleben, sind möglicherweise nicht identisch mit den abgestorbenen Zellen.
Liquid Biopsy kann den molekularen Escape kolorektaler Tumoren in Echtzeit überwachen.
Wir sprachen bereits über neue Immuntherapien zur Behandlung des metastasierten Kolonkarzinoms. Sie zielen auf die Checkpoints des Immunsystems in metastasierten Kolonkarzinom-Tumoren ab.
Immunmodulatoren sind beim metastasierten Kolonkarzinom nicht so wirksam wie beim Melanom oder nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom. Daher müssen wir jene Patienten identifizieren, die besonders empfindlich auf Immunmodulatoren reagieren.
Diese Patientengruppe weist typischerweise einen Mikrosatelliteninstabilität (MSI)-Status ihres Kolonkarzinom-Tumors auf.
BRAF-, MSI-, KRAS- und NRAS-Testungen sind heute absolut entscheidend für Immuntherapie-Entscheidungen beim Kolonkarzinom. Diese molekularen Marker sind von großer Bedeutung.
Wir sollten neue Immuntherapie-Regime für das Kolonkarzinom in Betracht ziehen. Sie sind meist noch nicht Teil der Standardtherapieprotokolle, die wir Kolonkarzinom-Patienten anbieten.
Aber wir müssen über diese Entscheidungen hinausdenken. Viele Karzinome weisen Mutationen auf, die potenziell behandelbar sind.
Die Frage ist, wie häufig wir Mutationen bei Patienten mit metastasiertem Kolonkarzinom finden. Einige dieser Mutationen treten nur bei 1–2 % der Patienten auf.
Sollten wir dennoch auf diese Mutationen testen, um auf künftige Immuntherapien vorbereitet zu sein? Unter Ärzten wird diskutiert, wie sich zusätzliche genetische Testung in die klinische Praxis integrieren lässt.
Es hat jedoch eine unglaubliche Revolution im Denken über molekulare Testung beim Kolonkarzinom gegeben. Das ist etwas, was alle wissen sollten.
Denn wenn wir die Diagnose Kolonkarzinom stellen, testen wir den Tumor molekular. Wir identifizieren bestimmte Mutationen und behandeln den Patienten dann gezielt.
Die überlebenden Tumorzellen sind nicht dieselben wie die abgestorbenen. Im Laufe der Zeit können sich diese überlebenden Zellen verändern.
Sie entsprechen möglicherweise nicht mehr der Mehrheit der Zellen, die wir zum Zeitpunkt der Diagnose getestet haben.
Dr. Anton Titov, MD: Es geht also auch um das zeitliche Profiling des sich entwickelnden Tumors. Die Krebstherapie muss an den evolvierenden Tumor oder die verbleibenden Tumorzellen angepasst werden.
Dr. Heinz-Josef Lenz, MD: Genau, das nennt man „molekularen Escape“. Die überlebenden Kolonkarzinom-Zellen sind möglicherweise nicht mehr dieselben wie die abgestorbenen.
Sie haben Mechanismen entwickelt, um der Behandlung zu widerstehen.
Wie überwachen wir also die Evolution der Tumorzellen im Zeitverlauf? Wie greifen wir auf den Tumor zu, während die Behandlung fortschreitet?
Müssen wir den Tumor erneut biopsieren? Das könnte invasiv sein – je nach Lokalisation.
Es gibt eine bahnbrechende neue Technologie: die Liquid Biopsy.
Immuntherapie wirkt beim Kolonkarzinom bei 5–10 % der Patienten. BRAF- und MSI-Mutationen sagen den Immuntherapie-Erfolg voraus. Der molekulare Escape des Tumors ist ein wichtiger Faktor.