Dr. Heinz-Josef Lenz, MD, ein führender Experte für kolorektale Karzinome, erläutert, wie neuartige zielgerichtete Chemotherapeutika und molekulares Profiling die Behandlung fortgeschrittener Darmkrebserkrankungen revolutionieren. Er geht detailliert auf den Einsatz von EGFR-Inhibitoren, Anti-Angiogenese-Medikamenten sowie Multikinasehemmern wie Regorafenib und TAS-102 ein, die Ansprechraten von 60–70 % erreichen können. Durch molekulare Tests für KRAS, NRAS und Mikrosatelliteninstabilität (MSI) ist heute eine hochgradig personalisierte Therapieauswahl möglich, die das mediane Überleben von vormals 8 auf über 30 Monate steigert und sogar Heilungen bei metastasierter Erkrankung in Aussicht stellt.
Fortschrittliche zielgerichtete Chemotherapie und Präzisionsmedizin bei Kolonkarzinom
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- Zielgerichtete Medikamente bei Kolonkarzinom
- Molekularprofil für die Therapieauswahl
- Mikrosatelliteninstabilität und Immuntherapie
- Überlebensraten bei metastasierendem Krebs
- Neu zugelassene Kolonkarzinom-Medikamente
- Zukunft der Kolonkarzinom-Forschung
- Vollständiges Transkript
Zielgerichtete Medikamente bei Kolonkarzinom
Dr. med. Heinz-Josef Lenz beschreibt eine neue Ära in der Behandlung fortgeschrittener Kolonkarzinome durch zielgerichtete Chemotherapie. Diese Medikamente, kombiniert mit traditionellen Chemotherapie-Grundgerüsten, steigern die Wirksamkeit der Tumorschrumpfung erheblich. Wichtige Wirkstoffklassen umfassen Antikörper, die den angiogenetischen Weg anvisieren, wie Ramucirumab (Cyramza) und Bevacizumab (Avastin), sowie Inhibitoren des epidermalen Wachstumsfaktorrezeptors (EGFR) wie Panitumumab (Vectibix) und Cetuximab (Erbitux).
Dieser kombinierte Ansatz kann Ansprechraten von 60 % bis 70 % erreichen, was mindestens eine 50 %ige Volumenreduktion metastatischer Tumoren bedeutet. Dr. med. Heinz-Josef Lenz betont, dass diese starke Tumorschrumpfung die Möglichkeit potenziell kurativer chirurgischer Eingriffe bei mehr Patienten eröffnet.
Molekularprofil für die Therapieauswahl
Die Wahl der zielgerichteten Therapie ist eine kritische Überlebensentscheidung, die durch molekulares Profiling geleitet wird. Dr. med. Heinz-Josef Lenz erläutert, dass Tests auf spezifische genetische Mutationen wie KRAS und NRAS heute Standard sind. Diese Tests bestimmen, ob ein Tumor eines Patienten auf EGFR-Inhibitoren anspricht.
Dieser personalisierte Medizinansatz ermöglicht Onkologen, von Beginn an das wirksamste Chemotherapieprotokoll auszuwählen. Dr. med. Heinz-Josef Lenz merkt an, dass dies erst der Anfang ist, da immer mehr molekulare Veränderungen identifiziert werden, die die Wirksamkeit der Behandlung vorhersagen und unnötige Toxizität vermeiden helfen.
Mikrosatelliteninstabilität und Immuntherapie
Ein weiterer entscheidender molekularer Marker ist die Mikrosatelliteninstabilität (MSI), die auf eine Mutation in DNA-Mismatch-Reparaturgenen hinweist. Dr. med. Heinz-Josef Lenz verweist auf eine wegweisende Publikation im New England Journal of Medicine, die zeigt, dass Kolonkarzinom-Patienten mit MSI-Hoch-Tumoren eine "unglaubliche Ansprechrate" auf neue immunmodulatorische Behandlungen haben.
Diese Entdeckung veranschaulicht, wie molekulares Subtyping Kolonkarzinom von einer einzigen Erkrankung in viele unterteilt. Die Identifizierung dieser Subtypen ermöglicht Ärzten, Patienten mit hocheffektiven, oft weniger toxischen Behandlungen wie Immuntherapie zu versorgen, die zuvor nicht als Standard bei kolorektalem Karzinom galten.
Verbesserte Überlebensraten bei metastasierendem Krebs
Die Auswirkungen dieser Fortschritte zeigen sich in einer dramatischen Verbesserung der Überlebensstatistiken. Dr. med. Heinz-Josef Lenz stellt fest, dass das alte Paradigma – dass ein Patient mit metastasierendem kolorektalem Karzinom sterben wird – nicht mehr zutrifft. Während die Überlebenszeit ohne wirksame Behandlung einst nur 8 Monate betrug, liegt das mediane Überleben neu diagnostizierter Patienten jetzt bei über 30 Monaten.
Dies stellt eine Vervierfachung des medianen Überlebens im letzten Jahrzehnt dar. Darüber hinaus hebt Dr. med. Heinz-Josef Lenz hervor, dass diese Zahlen noch nicht einmal die Untergruppe von Patienten berücksichtigen, die jetzt vollständig von der metastasierenden Erkrankung geheilt sind – ein bisher undenkbares Ergebnis.
Neu zugelassene Kolonkarzinom-Medikamente
Das Behandlungsspektrum erweitert sich weiter mit neu zugelassenen Medikamenten. Dr. med. Heinz-Josef Lenz diskutiert Regorafenib (Stivarga), das 2013 zugelassen wurde und sowohl das progressionsfreie als auch das Gesamtüberleben verbessert. Eine weitere bedeutende Ergänzung ist TAS-102 (Lonsurf), dessen klinische Studienergebnisse ebenfalls im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurden.
Dr. med. Heinz-Josef Lenz weist darauf hin, dass eine NEJM-Publikation einen neuen Behandlungsstandard signalisiert. TAS-102 hat sich als überlebensverlängernd erwiesen und bereichert somit die Optionen für Onkologen und Patienten im Kampf gegen fortgeschrittenes Kolonkarzinom.
Zukunft der Kolonkarzinom-Forschung
Dr. Lenz beschreibt eine äußerst spannende Zukunft für die Kolonkarzinom-Forschung mit Fokus auf Präzisionsmedizin. Das Ziel ist, die Erkrankung weiter in ihre molekularen Subtypen zu unterteilen, um besser vorherzusagen, welche Patienten von bestimmten Behandlungen profitieren werden.
Dieser Ansatz verspricht Therapien mit höherer Wirksamkeit und geringerer Toxizität. Das Interview mit Dr. med. Anton Titov schließt mit Dr. Lenz' Optimismus, dass das Feld nicht nur neue Medikamente entwickeln, sondern auch immer mehr Patienten mit metastasierendem Kolonkarzinom heilen wird.
Vollständiges Transkript
Das vollständige Transkript der Diskussion zwischen Dr. med. Anton Titov und Dr. med. Heinz-Josef Lenz bietet einen umfassenden Überblick über die sich entwickelnde Landschaft der zielgerichteten Kolonkarzinom-Therapie. Es erläutert die Wirkmechanismen verschiedener Wirkstoffklassen und die entscheidende Bedeutung genetischer Tests zur Steuerung von Therapieentscheidungen für verbesserte Behandlungsergebnisse.
Vollständiges Transkript
Dr. med. Heinz-Josef Lenz: Ramucirumab (IMC 1121B, Cyramza) und Bevacizumab (Avastin). Inhibitoren des epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor (EGFR)-Signalwegs: Panitumumab (Vectibix) und Cetuximab (Erbitux). Wir hatten die Zulassung von Regorafenib (Stivarga). Ein neues Kolonkarzinom-Medikament, TAS-102 (Lonsurf), ist jetzt zugelassen.
Ich denke, wir erhalten Zugang zu neuen wirksamen Behandlungen für Kolonkarzinom, die wir in der Vergangenheit nicht hatten.
Wir wissen, dass wirksamere zielgerichtete Medikamente zur Behandlung von kolorektalem Karzinom entwickelt wurden. Ihr Einsatz mit Chemotherapie-Grundgerüsten erhöht die Wirksamkeit der Tumorschrumpfung enorm. Solche zielgerichteten kolorektalen Karzinom-Medikamente sind Antikörper, die den angiogenetischen Weg anvisieren: Ramucirumab (IMC 1121B, Cyramza) und Bevacizumab (Avastin).
Es gibt auch Medikamente, die den epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor (EGFR)-Signalweg anvisieren: Panitumumab (Vectibix) und Cetuximab (Erbitux). In den letzten Jahren erreichen wir Ansprechraten von 60 % bis 70 % bei kolorektalen Karzinom-Tumoren. Das bedeutet eine 50 %ige Volumenreduktion metastatischer Kolonkarzinom-Tumoren mit unserer Chemotherapie.
Zielgerichtete Chemotherapie öffnet das Fenster für chirurgische Behandlung noch weiter. Die Wahl der Chemotherapie in Kombination mit neuen zielgerichteten Medikamenten ist wichtig für Patienten mit neu diagnostiziertem Kolonkarzinom.
Die Wahl der Behandlung entscheidet über Leben und Tod. Das ist ein sehr wichtiges Konzept zu verstehen. Wir fangen erst an, molekulares Profiling von kolorektalen Karzinom-Tumoren zu nutzen.
Wir haben bereits molekulare Tumormarker eingeführt. Sie ermöglichen uns zu unterscheiden, welche Antikörper bei diesem Kolonkarzinom-Patienten am wirksamsten sein werden. Tests auf KRAS und NRAS geben uns jetzt die Möglichkeit, EGF-Rezeptor-Inhibitoren zu verwenden: Panitumumab (Vectibix) oder Cetuximab (Erbitux).
Wir machen bereits gute Fortschritte bei der Auswahl und Personalisierung der Chemotherapie für Kolonkarzinom. Wir entscheiden über das Chemotherapieprotokoll nach Untersuchung des molekularen Profils des kolorektalen Karzinom-Tumors. Aber das ist erst der Anfang.
Wir wissen bereits, dass wir zusätzliche molekulare Veränderungen in Kolonkarzinom-Tumoren identifizieren können. Solche molekulare Veränderungen sind nicht nur wichtig für die Diagnose von Kolonkarzinom; molekulare Marker sagen auch die Wirksamkeit neuer Behandlungen voraus.
Wir hatten eine Publikation im New England Journal of Medicine. Wir zeigten, dass kolorektale Karzinom-Tumoren eine Mikrosatelliteninstabilität (MSI) aufweisen. Diese Patienten haben eine unglaubliche Ansprechrate auf neue immunmodulatorische Behandlungen. Mikrosatelliteninstabilität bedeutet eine Mutation in DNA-Mismatch-Reparaturgenen.
Ich denke, die Zukunft der Kolonkarzinom-Behandlung ist extrem spannend. Wir verstehen und unterteilen Kolonkarzinom von einer Art von Erkrankung in viele verschiedene Kolonkarzinom-Typen. Wir wissen, welche Patienten unterschiedlich von neuen Behandlungen für Kolonkarzinom profitieren werden.
Wir werden wissen, welche Kolonkarzinom-Behandlung oft geringere Toxizität und höhere Wirksamkeit hat.
Dies ist eine unglaublich spannende Zeit, um in der Kolonkarzinom-Forschung involviert zu sein. Denn das alte Paradigma war einfach: Ein Patient mit metastasierendem kolorektalem Karzinom wird sterben. Dieses Paradigma stimmt nicht mehr.
Der Fortschritt in der Kolonkarzinom-Behandlung ist enorm. Er spiegelt sich in den neuen klinischen Studien für kolorektales Karzinom wider. Ein Patient mit neu diagnostiziertem Kolonkarzinom hat jetzt ein medianes Überleben von über 30 Monaten.
Manchmal blicken wir zurück auf Patienten mit kolorektalem Karzinom und ohne Behandlung. Ihr Überleben betrug 8 Monate. In den letzten 10 Jahren haben wir das mediane Überleben von Patienten mit metastasierendem Kolonkarzinom vervierfacht.
Das zählt noch nicht einmal die Patienten, die wir vollständig von kolorektalem Karzinom geheilt haben.
Ich denke, es ist ein sehr neues Gebiet der Kolonkarzinom-Forschung, das unglaubliche Möglichkeiten in der Zukunft eröffnet. Wir werden nicht nur neue Medikamente entwickeln, sondern wir werden mehr Patienten mit metastasierendem Kolonkarzinom heilen.
Dieses Jahr haben wir bereits unglaubliche neue Daten zu neuen Kolonkarzinom-Behandlungsmedikamenten gesehen. 2013 hatten wir ein neues Medikament, Regorafenib (Stivarga), zugelassen. Regorafenib verbesserte das progressionsfreie Überleben und das Gesamtüberleben von Patienten mit kolorektalem Karzinom.
Wir haben ein weiteres neues Kolonkarzinom-Behandlungsmedikament zugelassen. Es heißt TAS-102, Handelsname Lonsurf. Die Ergebnisse der klinischen Studie zur Kolonkarzinom-Behandlung wurden im New England Journal of Medicine veröffentlicht.
Dr. med. Anton Titov: Das New England Journal of Medicine (NEJM) ist die bekannteste medizinische Zeitschrift der Welt.
Dr. med. Heinz-Josef Lenz: Das ist korrekt. Eine NEJM-Publikation ist eine wirklich große Leistung. Klinische Studienergebnisse, die im NEJM veröffentlicht werden, sind in der Regel der Behandlungsstandard oder das Paradigma für die Krankheitsbehandlung.
Dieses Medikament heißt TAS-102 (Lonsurf). Es verbesserte ebenfalls das progressionsfreie Überleben und das Gesamtüberleben von Patienten mit Kolonkarzinom. Ich denke, wir erhalten Zugang zu neuen wirksamen Behandlungen für Kolonkarzinom, die wir in der Vergangenheit nicht hatten.
Diese neuen Kolonkarzinom-Medikamente bereichern unser Arsenal an Behandlungsoptionen für Patienten mit kolorektalem Karzinom.