Patellofemorales Schmerzsyndrom und Bandverletzung: Therapie und Rehabilitation

Patellofemorales Schmerzsyndrom und Bandverletzung: Therapie und Rehabilitation

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Dr. Pablo Gelber, ein führender Experte für Kniechirurgie und Sportmedizin, erläutert die Komplexität patellofemoraler Gelenkerkrankungen und geht detailliert auf die Unterschiede zwischen Instabilitäts- und Schmerzsyndromen ein. Er betont, dass 95 % der patellofemoralen Schmerzfälle erfolgreich mit individuell angepasster Physiotherapie und Rehabilitation behandelt werden können. Chirurgische Eingriffe sind dagegen spezifischen Bandverletzungen oder Fällen vorbehalten, in denen eine hochwertige konservative Therapie nicht zum Erfolg geführt hat. Dr. Gelber skizziert entscheidende Rehabilitationsprotokolle, darunter anfangs zu vermeidende Übungen und die Bedeutung einer korrekten Technik unter fachkundiger Anleitung.

Patellofemorales Schmerzsyndrom und Bandverletzungen: Diagnose, Behandlung und Rehabilitation

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Verständnis patellofemoraler Erkrankungen

Das patellofemorale Gelenk bildet den vorderen Teil des Knies, an dem die Kniescheibe (Patella) mit der Trochlea, einer Rinne im Oberschenkelknochen, artikuliert. Laut Dr. Pablo Gelber ist dieser Bereich eine häufige Ursache für Kniebeschwerden und oft schwieriger erfolgreich zu behandeln als andere Knieanteile. Erkrankungen dieses Gelenks lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen: patellofemorale Instabilität und patellofemorales Schmerzsyndrom. Obwohl Patienten auch Mischformen aufweisen können, handelt es sich meist um eigenständige Krankheitsbilder, die unterschiedliche Therapieansätze erfordern.

Ursachen patellofemoraler Instabilität

Patellofemorale Instabilität tritt auf, wenn die Kniescheibe übermäßig beweglich ist und am häufigsten nach lateral (nach außen) auskugelt. Dr. Pablo Gelber erläutert, dass mehrere anatomische Faktoren zu dieser Instabilität beitragen können. Eine hochstehende Patella (Patella alta) verhindert, dass die Kniescheibe korrekt in der Trochlearinne geführt wird. Allgemeine Fehlstellungen des Knies, wie übermäßige Antetorsion des Femurs oder Tibiarotation, können die Patella zur Luxation prädisponieren. Zudem bietet eine flache oder abgeflachte Trochlearinne (Trochleadysplasie) weniger knöcherne Stabilität für die Kniescheibe. Der primäre ligamentäre Widerstand gegen eine laterale Luxation ist das mediale patellofemorale Ligament (MPFL), das bei einem Luxationsereignis häufig reißt.

Operative Behandlung bei Instabilität

Bei wiederkehrender patellofemoraler Instabilität ist oft ein chirurgischer Eingriff nötig. Dr. Pablo Gelber weist darauf hin, dass die MPFL-Rekonstruktion oder -Reparatur das in der Fachwelt am meisten anerkannte Verfahren zur Behandlung des ligamentären Defizits ist. Ein erfolgreicher Operationsplan muss jedoch auf die spezifischen anatomischen Probleme des einzelnen Patienten zugeschnitten sein. Dies kann eine Tuberositas-tibiae-Osteotomie zur Senkung und Neuausrichtung des Patellarsehnenansatzes oder eine Trochleaplastik zur Vertiefung einer dysplastischen Trochlearinne umfassen. Dr. Gelber betont, dass nicht jeder in der Bildgebung festgestellte anatomische Risikofaktor korrigiert werden muss; der Chirurg muss sorgfältig auswählen, welche Verfahren den größten Nutzen bringen.

Patellofemorales Schmerzsyndrom

Das patellofemorale Schmerzsyndrom (PFS) ist durch vorderen Knieschmerz ohne ausgeprägte Instabilität gekennzeichnet. Dr. Pablo Gelber beschreibt es als die häufigste Beschwerde in der orthopädischen Praxis, besonders bei jungen Frauen. Der Schmerz steht oft im Zusammenhang mit Knorpeldegeneration und Patellafehlführung, bei der die Kniescheibe nicht reibungslos in ihrer Rinne gleitet. Diese Fehlführung erzeugt übermäßigen Druck und Reibung, häufig auf der lateralen Seite, was zu Schmerzen führt. Eine häufige Ursache ist ein lateral verlagerter Ansatz der Patellarsehne. Im Gegensatz zur Instabilität wird das PFS zunächst fast ausschließlich nicht-operativ behandelt, wobei der Fokus auf der Korrektur muskulärer Ungleichgewichte und biomechanischer Defizite liegt.

Erfolgsrate konservativer Behandlung

Dr. Pablo Gelber nennt eine entscheidende Statistik: etwa 95 % der Fälle von patellofemoralem Schmerzsyndrom lassen sich mit hochwertiger Physiotherapie und Rehabilitation erfolgreich behandeln. Er macht deutlich, dass seine chirurgische Praxis überproportional viele der verbleibenden 5 % sieht, weil Patienten meist erst nach Scheitern der konservativen Behandlung zu ihm überwiesen werden. Ein wesentliches Problem ist laut Dr. Gelber die variable Qualität der Rehabilitation. Das Scheitern der konservativen Behandlung liegt nicht immer an ihrer Dauer, sondern oft am spezifischen verwendeten Protokoll. Viele Rehabilitationszentren und Fitnessstudio-Programme wenden falsche oder pauschale Ansätze an, die die präzisen biomechanischen Defizite des PFS nicht adressieren.

Rehabilitationsprotokolle und Übungen

Ein effektives Rehabilitationsprogramm für patellofemorale Schmerzen muss progressiv und hochindividualisiert sein. Dr. Pablo Gelber rät, mit sehr grundlegenden Übungen zu beginnen, um die Rumpf-, Gesäß- und Quadrizepsmuskulatur, insbesondere den Musculus vastus medialis obliquus (VMO), zu reaktivieren und zu kräftigen. Das Programm sollte schrittweise komplexere und anspruchsvollere Übungen einbeziehen, sofern der Schmerz es zulässt. Die Endphase der Rehabilitation sollte funktionelle Bewegungen wie Kniebeugen umfassen, aber nur nachdem der Patient gründlich in der korrekten Ausführung geschult wurde, um schädliche Gelenkbelastungen zu vermeiden. Ziel ist es, die Muskulatur um Hüfte und Knie neu auszubalancieren, um die Patellaführung zu verbessern und den Schmerz zu reduzieren.

Zu vermeidende oder anzupassende Übungen

Dr. Pablo Gelber hebt bestimmte Aktivitäten hervor, die bei der Rehabilitation patellofemoraler Schmerzen angepasst werden müssen. Tiefe Kniebeugen werden in den frühen Phasen der Behandlung aufgrund der extremen Gelenkbelastung stark abgeraten. Radfahren ist generell eine gelenkschonende Übung, aber Patienten sollten Stehen auf den Pedalen oder Fahren in hohen Gängen mit erhöhtem Widerstand vermeiden; sie sollten sitzen bleiben. Ebenso ist Schwimmen hervorragend für die Rehabilitation geeignet, aber der Brustbeinschlag sollte vermieden werden, da er erheblichen Stress auf das Knie ausübt. Freistil und Rückenkraulen werden als Alternativen empfohlen. Das Schlüsselprinzip ist, jede Aktivität auf den spezifischen Zustand und Schmerzlevel des Patienten abzustimmen.

Vollständiges Transkript

Dr. Anton Titov: Was sind patellofemorale Gelenkverletzungen und Bandverletzungen? Wie entstehen patellofemorale Gelenk- und Bandtraumata? Wie behandeln Sie diese Knieprobleme?

Dr. Pablo Gelber: Das patellofemorale Gelenk ist der vordere Teil des Knies. Wie bereits erwähnt, handelt es sich um das Gelenk zwischen der Patella, der Kniescheibe, und der Trochlea, einem Teil des Oberschenkelknochens. Dieser Bereich verursacht möglicherweise mehr Probleme als andere Kniebereiche.

Der patellofemorale Gelenkbereich ist komplexer. Es ist schwierig, dort gute und erfolgreiche Behandlungsergebnisse zu erzielen. Es gibt zwei Hauptkategorien patellofemoraler Erkrankungen: Schmerz und Instabilität. In manchen Fällen müssen sie völlig unterschiedlich behandelt werden.

Ein Patient kann auch Mischformen haben. Normalerweise leidet ein Patient jedoch entweder unter Instabilität oder unter Schmerzen. Bei Instabilität bewegt sich die Kniescheibe übermäßig, meist nach oben und außen (lateral).

In diesen Fällen müssen mehrere Faktoren berücksichtigt werden. Die Behandlungsmethode, bei der in der wissenschaftlichen Gemeinschaft der größte Konsens herrscht, ist die Behandlung der Instabilität aufgrund eines Problems des medialen patellofemoralen Ligaments. Dieses Band verläuft von hier nach hier und muss nach einmaliger, zweimaliger oder dreimaliger Instabilität rekonstruiert oder repariert werden.

Ein anderer pathologischer Zustand ist beispielsweise eine zu hoch stehende Patella. Die Kniescheibe greift nicht richtig in der Trochlea, dieser konkaven Vertiefung, ein. Wenn die Patella zu hoch ist, muss sie gesenkt werden.

Auch wenn die Knieachse in einer bestimmten Position steht, kann die Patella leichter herausspringen. Wenn die Trochlea flach oder konvex ist, muss auch dies möglicherweise im Behandlungsplan berücksichtigt werden.

Es gibt also viele patellofemorale Knieprobleme. Daher muss die Behandlung auf jeden Patienten zugeschnitten werden. Nur weil ein Patient mehrere dieser Probleme hat, bedeutet das nicht, dass der Chirurg alle korrigieren muss. Die Auswahl der Behandlung hängt von vielen subtilen Faktoren ab. Alle Aspekte müssen berücksichtigt werden.

Auf der anderen Seite gibt es den Schmerzzustand, das patellofemorale Schmerzsyndrom. Hier steht der Abbau des Knorpels im Vordergrund. Es können auch Fehlstellungen vorliegen – beispielsweise ein seitlicher Ansatz der Patellarsehne.

Dies kann zu Reibung auf der lateralen Seite führen. Daher muss ein Chirurg nicht nur die Gelenkdegeneration behandeln, die diese Fehlführung verursacht, sondern auch deren Ursache beheben. Wie gesagt, es ist ein sehr weites Feld.

Und patellofemorale Schmerzen sind wahrscheinlich der häufigste Befund und die häufigste Beschwerde in unserer Praxis. Das tritt sehr häufig bei Patienten auf, meist bei jungen Frauen. Sehr, sehr häufig. Bilaterale patellofemorale Schmerzen kommen in den meisten Fällen vor, weil diese Patienten entweder zu wenig oder zu viel trainieren.

Daher muss ihr Training angepasst werden. Sie müssen die Art und Weise, wie sie trainieren, ändern. Und Sie müssen die verschiedenen Muskeln um Knie und Hüfte durch Kräftigung und Dehnung ausbalancieren. So können Sie die Patellaführung verbessern und den Schmerz reduzieren.

Zusammenfassend lässt sich zum patellofemoralen Schmerzsyndrom sagen: In 95 % der Fälle können patellofemorale Schmerzzustände mit Physiotherapie behandelt werden. In 5 % der Fälle bessern sich die Symptome nicht durch physiotherapeutische Behandlung und Rehabilitation. In diesen Fällen muss das patellofemorale Schmerzsyndrom chirurgisch behandelt werden.

Und natürlich, da ich mich heute auf diese Erkrankungen spezialisiert habe, werden mir viele Patienten mit patellofemoralen Problemen überwiesen. Viele davon haben bereits eine gescheiterte konservative Behandlung hinter sich. Daher sind meine Fälle nicht nur die 5 %, bei denen ich eine Operation empfehlen muss.

Weil die meisten Patienten, die in meine Praxis kommen, nach Scheitern der konservativen Behandlung überwiesen werden, bedeutet das nicht, dass patellofemorale Probleme generell operiert werden müssen. Das ist ein sehr wichtiger Punkt.

Dr. Anton Titov: Schließlich gelangen Patienten mit patellofemoralen Schmerzen und Verletzungen in Ihre Praxis. Wie lange leiden sie usually under diesem Problem? Ich nehme an, sie haben usually konservative Behandlungen versucht. Aber sie hatten keine chirurgische Behandlung des patellofemoralen Syndroms.

Dr. Pablo Gelber: Ja. Es geht nicht nur um die Dauer der konservativen Behandlung. Sondern um die Art und Weise, wie sie durchgeführt wird. Denn die meisten Rehabilitationszentren wenden das falsche Behandlungsprotokoll an. Wir sind mit vielen Rehabilitationsmethoden für das patellofemorale Syndrom nicht einverstanden.

Es geht also nicht nur um die Zeit. Manche Menschen absolvieren drei oder sechs Monate lang ein erfolgloses Rehabilitationsprogramm. Aber es ist auch sehr wichtig, welches konservative Behandlungsschema die Patienten erhalten. Denn es gibt nicht nur gute und schlechte Ärzte, sondern auch gute und schlechte Physiotherapeuten.

Die Qualität der Rehabilitation ist nicht überall gleich. Der Patient könnte irgendeine Art von Dehnübungen in einem Fitnessstudio machen. Oder er oder sie könnte ein spezialisiertes Rehabilitationszentrum mit verschiedenen Geräten und Fähigkeiten aufsuchen. Einige Rehabilitationszentren konzentrieren sich auf verschiedene Aspekte des patellofemoralen Syndroms.

Es gibt einige ausgezeichnete patellofemorale Übungen. Leider ist der Ansatz bei der konservativen Behandlung des patellofemoralen Syndroms meist sehr falsch. Daher bestehe ich in vielen Fällen, wenn Patienten mit patellofemoralen Schmerzen zu mir kommen, darauf, eine gute Rehabilitation durchzuführen, bevor chirurgische Lösungen in Betracht gezogen werden.

Dr. Anton Titov: Gibt es bestimmte patellofemorale Rehabilitationsprotokolle, die Sie vermeiden? Gibt es Therapien, von denen Sie Patienten mit patellofemoraler Verletzung abraten?

Dr. Pablo Gelber: Nun, es geht nicht darum, dass Patienten eine bestimmte konservative Behandlung meiden sollten. Oder dass sie sie nicht mehr durchführen dürfen. Zu Beginn müssen Patienten, wie bei jedem medizinischen Problem, mit sehr grundlegenden Rehabilitationsübungen beginnen. Progressiv können sie dann komplexere und intensivere Übungen durchführen.

Was überhaupt nicht empfohlen wird, sind tiefe Kniebeugen zu Beginn des Rehabilitationsprogramms. Das bedeutet nicht, dass sie überhaupt keine Kniebeugen machen dürfen. In der letzten Phase des Rehabilitationsprogramms für patellofemorale Schmerzen müssen Kniebeugen enthalten sein.

Aber jeder weiß, dass Kniebeugen viele Variablen beinhalten. Die meisten Menschen führen Kniebeugen nicht korrekt aus. Daher muss gelehrt werden, wie man diese Übung speziell ausführt. Es geht nicht nur darum, Kniebeugen zu machen. Ich spreche hier nur über Kniebeugen.

Man muss bedenken, dass bei patellofemoralem Syndrom der Druck auf das Gelenk zunimmt, wenn man Gewicht trägt und das Knie beugt. Zum Beispiel ist Radfahren keine schlechte Übung bei patellofemoralen Schmerzen. Aber wenn man darauf tritt, wie beim Bergauffahren oder beim Treten in die Pedale mit hohem Widerstand, erhöht das den Druck auf das Gelenk erheblich. Es kann zu Schmerzen führen.

Es geht also nicht darum, dass Patienten nicht radfahren können, aber sie sollten die meiste Zeit sitzend radeln. Es gibt so viele Variablen in jeder Sportart oder Übung, die auf den einzelnen Patienten und die Sportart zugeschnitten werden müssen – zum Beispiel Schwimmen. Schwimmen ist sehr gut. Aber wir empfehlen kein Brustschwimmen. Wir raten vom Brustschwimmen ab.

Aber Freistil oder Rückenkraulen sind sehr gut für die Rehabilitation. Also müssen alle Rehabilitationsprotokolle für jeden Patienten fein abgestimmt werden.