Luminal-B-Mammakarzinom: Molekulare Merkmale, Therapieoptionen und Perspektiven

Luminal-B-Mammakarzinom: Molekulare Merkmale, Therapieoptionen und Perspektiven

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Diese Übersichtsarbeit belegt, dass das luminale B-Mammakarzinom einen eigenständigen, aggressiven Subtyp mit spezifischen genetischen Treibern und therapeutischem Ansprechen darstellt. Im Vergleich zum luminalen A-Karzinom haben Patientinnen mit diesem Subtyp ein fast dreifach erhöhtes Risiko für frühe Metastasierung und zeigen abweichende Ansprechraten auf Chemo- sowie endokrine Therapien. Die Forschung betont die zentrale Rolle präziser molekularer Tests für die Therapieentscheidung, da eine alleinige konventionelle Hormontherapie bei vielen luminalen B-Patientinnen unzureichend wirken kann.

Luminal-B-Mammakarzinom verstehen: Molekulare Eigenschaften, Behandlungsansätze und Zukunftsperspektiven

Inhaltsverzeichnis

Einführung: Ein neues Verständnis von Brustkrebs-Subtypen

Zu Beginn der 2000er Jahre revolutionierte bahnbrechende Forschung das Verständnis von Brustkrebs. Es zeigte sich, dass die Erkrankung nicht einheitlich ist, sondern mindestens vier molekulare Subtypen mit unterschiedlichen Eigenschaften, Verläufen und Therapieansprechen umfasst. Diese intrinsischen Subtypen wurden definiert als: basal-like, HER2-enriched sowie Luminal A und Luminal B.

Weitere Studien differenzierten luminale Tumoren in zwei Hauptgruppen. Luminal-A-Tumoren zeichneten sich durch eine hohe Expression östrogenabhängiger Gene und eine niedrige Expression proliferationsbezogener Gene aus. Im Gegensatz dazu wiesen Luminal-B-Karzinome eine geringere Expression von Östrogenrezeptor (ER)- und Progesteronrezeptor (PgR)-Genen sowie eine erhöhte Expression von Proliferationsmarkern und zellzyklusassoziierten Genen auf.

Rund 20 % der Luminal-B-Tumoren sind sowohl auf mRNA-Ebene als auch im Immunhistochemie (IHC)-Test HER2-positiv. Diese molekulare Unterscheidung hat erhebliche Auswirkungen auf die Behandlung und Prognose der Patientinnen.

Molekulare Eigenschaften des Luminal-B-Mammakarzinoms

Das Luminal-B-Mammakarzinom weist charakteristische genetische Merkmale auf, die es von anderen Subtypen abgrenzen. Dazu zählen spezifische Muster von Genkopienzahlveränderungen (CNAs), DNA-Methylierungsveränderungen und somatischen Punktmutationen.

Hochgradige DNA-Amplifikationen und chromosomale Auffälligkeiten treten bei Luminal-B-Karzinomen häufiger auf als bei anderen Subtypen. Die Entdeckung wiederkehrender genomischer CNAs führte zur Identifizierung spezifischer Onkogene, die das Verhalten dieses Subtyps antreiben. Beispielsweise induziert das Onkogen ZNF703 unabhängig von Östrogenstimulation zelluläre Proliferation und steht mit schlechteren klinischen Ergebnissen in Verbindung. Es aktiviert Gene, die mit WNT- und NOTCH-Signalwegen assoziiert sind und die Selbsterneuerung von Brusttumor-initiierenden Zellen (TICs) regulieren.

Die METABRIC-Studie, die genomisches und transkriptomisches Profiling von 2.000 Brusttumoren integrierte, identifizierte zehn molekulare Subtypen mit unterschiedlichem klinischem Verhalten. Luminal-B-Karzinome gruppierten sich in mehrere dieser integrativen Cluster (IntClusts 1, 6 und 9), die jeweils durch spezifische genetische Auffälligkeiten gekennzeichnet waren.

Next-Generation-Sequencing-Studien haben die molekulare Einzigartigkeit von Luminal B weiter aufgeklärt:

  • Mutationsmuster: Luminal-B-Karzinome zeigen im Vergleich zu Luminal-A-Karzinomen seltener PIK3CA-Mutationen (29 % vs. 45 %) und häufiger TP53-Mutationen (29 % vs. 12 %)
  • GATA3-Mutationen: Treten bei etwa 15 % der Luminal-B-Karzinome auf, mit abweichenden Mutationstypen gegenüber Luminal-A-Tumoren
  • RUNX1-Mutationen: Loss-of-Function-Mutationen in diesem Gen sind mit schlecht differenziertem Brustkrebs und Merkmalen endokriner Resistenz assoziiert

Diese molekularen Unterschiede bestätigen, dass Luminal A und B eigenständige Entitäten mit spezifischen onkogenen Treibern sind und nicht lediglich unterschiedlich proliferative Varianten luminaler Tumoren darstellen.

Klinische Definition von Luminal B

In der klinischen Praxis kommen verschiedene Methoden zur Identifikation des Luminal-B-Mammakarzinoms zum Einsatz. Der präziseste Ansatz nutzt Genexpressionsklassifikatoren wie die PAM50-Signatur, die 50 Gene analysiert, die an Proliferation, ER-Signalgebung, HER2-Status und basalen Eigenschaften beteiligt sind. Diese Signatur wurde im klinischen Test Prosigna implementiert, der an Standardgewebeproben durchgeführt werden kann.

Da molekulare Tests jedoch vergleichsweise teuer und technisch anspruchsvoll sind, setzen die meisten Kliniker auf Surrogatmarker mittels Immunhistochemie (IHC). Verschiedene IHC-basierte Definitionen zur Klassifikation von Luminal B konzentrieren sich vor allem auf Proliferationsmarker:

Vorgeschlagene IHC-Marker für die Luminal-B-Klassifikation:

  • Cheang et al: ER-positiv, HER2-negativ, Ki67 ≥ 14 %
  • Prat et al: ER-positiv, PgR < 20 %, HER2-negativ, Ki67 ≥ 14 %
  • Goldhirsch et al: ER-positiv, HER2-negativ, Ki67 ≥ 14 %
  • Harbeck et al: ER-positiv, HER2-negativ, Ki67 ≥ 20-25 %

Die Herausforderung bei Ki67 als Marker besteht darin, dass Proliferation kontinuierlich verläuft und nicht binär ist. Verschiedene Studien empfehlen Schwellenwerte zwischen 13,25 % und 25 %, und die Beurteilung der Ki67-Färbung variiert zwischen Pathologen erheblich. In einer Studie betrug die Übereinstimmungsrate zwischen drei Pathologen nur 43 %.

Der Progesteronrezeptor (PgR)-Status wird ebenfalls zur Definition von Luminal B herangezogen. Patientinnen mit ER-positiven, HER2-negativen Tumoren mit Ki67 ≥ 14 % und PgR < 20 % hatten eine schlechtere Prognose als solche mit PgR ≥ 20 %. Die Hazard Ratio für ein Rezidiv betrug 1,96, was einem fast doppelt so hohen Risiko entspricht.

Klinisches Verhalten und Prognose

Das Luminal-B-Mammakarzinom zeigt ein aggressives klinisches Verhalten mit einer Prognose, die der von HER2-enriched- und basal-like-Subtypen ähnelt, während Luminal A eine günstigere Prognose aufweist. Dieser Unterschied äußert sich in charakteristischen Mustern von Rezidiv und Metastasierung.

Patientinnen mit Luminal-B-Karzinom haben in den ersten fünf Jahren nach der Diagnose erhöhte Rezidivraten. In einer Studie mit 831 unbehandelten node-negativen Patientinnen betrug die Hazard Ratio für frühe Metastasierung (innerhalb von 5 Jahren) 2,86 im Vergleich zu Luminal-A-Karzinomen. Das bedeutet ein fast dreifach höheres Risiko für frühe Metastasierung.

Das Muster der metastatischen Ausbreitung unterscheidet sich ebenfalls zwischen den Subtypen. Luminal-B-Karzinome metastasieren bevorzugt in Knochen und in geringerem Maße in die Lunge. Während Luminal-A-Karzinome ebenfalls häufig knochenmetastasieren, zeigen sie seltener Metastasen an anderen Orten.

Genexpressionsprofile liefern prognostische Informationen über standardmäßige klinisch-pathologische Parameter hinaus. Die meisten Luminal-A-Tumoren werden als genomisch niedriges Risiko eingestuft, während Luminal-B-Karzinome oft als genomisch hohes Risiko klassifiziert werden. Mehrere Studien zeigen, dass diese prognostischen Signaturen trotz geringer Überlappung ihrer Gene eine signifikante Übereinstimmung in ihrer Aussagekraft aufweisen, da sie primär Proliferationsmuster erfassen.

Ansprechen auf Chemotherapie

Die meisten Luminal-B-Karzinome werden im Oncotype-DX-Test als hohes Rezidivrisiko eingestuft. Die NSABP-B-20-Studie zeigte, dass Patientinnen mit hohem Rezidivscore (≥31) erheblich von einer zusätzlich zu Tamoxifen verabreichten Chemotherapie profitierten, mit einer Hazard Ratio von 0,26 für ein Rezidiv und einer absoluten Reduktion der Fernrezidivrate von 27,6 %.

In neoadjuvanten Studien zeigen luminale Tumoren generell niedrigere pathologische Komplettremissionsraten (pCR) als HER2-enriched- und triple-negative Brustkrebsformen. Die pCR-Raten für Luminal-B-Karzinome lagen in mehreren Studien zwischen 1,4 % und 15 %, verglichen mit 22–55 % für HER2-positive Tumoren und 27–67 % für basal-like Karzinome.

Trotz der relativ niedrigen pCR-Raten scheint die neoadjuvante Chemotherapie wirksam zu sein, um das Tumorvolumen bei Luminal-B-Karzinomen zu reduzieren. Tumoren mit hohen Werten prognostischer Signaturen sind mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für pCR assoziiert.

Das St. Gallen-Konsensuspanel empfahl, dass sowohl Anthrazykline als auch Taxane in Chemotherapieregime für das Luminal-B-Mammakarzinom einbezogen werden sollten. Drei große prospektive randomisierte Studien – MINDACT, TAILORx und RxPONDER – testen derzeit den Nutzen von Gensignaturen bei der Vorhersage des Nutzens von adjuvanter Chemotherapie bei ER-positivem Brustkrebs, wobei Ergebnisse zwischen 2015 und 2017 erwartet werden.

Ansprechen auf endokrine Therapie

Die Evidenz für einen relativ geringeren Nutzen der endokrinen Therapie beim Luminal-B-Subtyp stammt aus mehreren wichtigen Studien. Eine EBCTCG-Metaanalyse zeigte geringe Vorteile mit Tamoxifen bei Patientinnen mit niedrigen ER-Spiegeln. In der BIG-1-98-Studie hatten Patientinnen mit niedrigeren ER-Spiegeln ein schlechteres krankheitsfreies Überleben als solche mit hohen ER-Spiegeln.

Dynamische Veränderungen der Ki67-Expression während der endokrinen Therapie können die Ergebnisse bei luminalem Brustkrebs vorhersagen. In der IMPACT-Studie hatten Patientinnen mit höherer Ki67-Expression nach 2 Wochen endokriner Therapie eine schlechtere Prognose, besonders bei Luminal-B-ähnlichen Tumoren.

Die POETIC-Studie evaluiert derzeit, ob Ki67-Spiegel nach 2 Wochen Aromatasehemmer-Therapie das Langzeitergebnis besser vorhersagen können als der Ausgangswert. Vorläufige Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Ki67 unter Behandlung tatsächlich ein stärkerer Prädiktor für rezidivfreies Überleben ist.

Studien, die verschiedene endokrine Wirkstoffe vergleichen, zeigen bei Luminal-B-Patientinnen gemischte Ergebnisse:

  • In der ATAC-Studie erzielten ER-positive/PgR-negative Patientinnen einen größeren relativen Nutzen von Anastrozol als von Tamoxifen (HR 0,42)
  • In BIG 1-98 sagte ein hoher Ki67 eine größere Wirksamkeit von Letrozol gegenüber Tamoxifen voraus (HR 0,53)
  • Bei Verwendung der Surrogat-Luminal-B-Definition wurde jedoch kein Unterschied zwischen Tamoxifen und Letrozol beobachtet

HER2-positive Überexpression erhöht das Rezidivrisiko (relatives Risiko 1,42) unabhängig von der Art der Hormonbehandlung, was auf keinen zusätzlichen Nutzen von Aromatasehemmern gegenüber Tamoxifen in dieser Subgruppe hindeutet.

Klinische Bedeutung für Patientinnen

Für Patientinnen mit der Diagnose eines Luminal-B-Mammakarzinoms hat diese Forschung mehrere wichtige Implikationen. Erstens ist eine genaue Subtypisierung entscheidend für die Wahl geeigneter Behandlungsstrategien. Patientinnen sollten mit ihren Onkologen umfassende Biomarker-Tests besprechen, einschließlich ER-, PgR-, HER2- und Ki67-Status, und bei Bedarf Genexpressionsprofiling in Betracht ziehen.

Behandlungsentscheidungen sollten die aggressive Natur der Luminal-B-Erkrankung widerspiegeln. Die meisten Patientinnen profitieren von einer Chemotherapie zusätzlich zur endokrinen Therapie, insbesondere solche mit hohem Rezidivscore oder hohen Proliferationsindizes. Die Kombination von Anthrazyklinen und Taxanen wird oft empfohlen.

Die endokrine Therapie bleibt grundlegend, aber Patientinnen sollten verstehen, dass Luminal-B-Karzinome eine relative Resistenz gegenüber alleiniger Hormonbehandlung zeigen können. Die Überwachung des Ansprechens durch Ki67-Veränderungen nach kurzfristiger endokriner Therapie kann helfen, Langzeitergebnisse vorherzusagen und Behandlungsanpassungen zu leiten.

Patientinnen mit HER2-positiver Luminal-B-Erkrankung können von einer dualen Zielrichtung sowohl hormoneller als auch HER2-Signalwege profitieren. Klinische Studien laufen, um optimale Kombinationsstrategien für diese Patientinnen zu identifizieren.

Grenzen des aktuellen Wissensstands

Mehrere wesentliche Einschränkungen beeinflussen unser derzeitiges Verständnis des luminalen B-Mammakarzinoms. Das Fehlen standardisierter Kriterien zur Definition dieses Subtyps führt sowohl in der Forschung als auch in der klinischen Praxis zu Verwirrung. Verschiedene Studien verwenden unterschiedliche Ki67-Schwellenwerte (zwischen 14 % und 25 %), und es gibt erhebliche Unterschiede zwischen Pathologen bei der Ki67-Beurteilung.

Die meisten Erkenntnisse stammen aus retrospektiven Analysen oder Subgruppenanalysen größerer Studien, die nicht speziell zur Untersuchung des luminalen B-Karzinoms konzipiert wurden. Dies schränkt die Aussagekraft von Schlussfolgerungen über optimale Behandlungsstrategien ein.

Die relativen Beiträge von Proliferation, HER2-Status und Hormonrezeptorexpression zum luminalen B-Phänotyp sind nicht vollständig verstanden. Diese Faktoren können unterschiedliche Auswirkungen auf das Ansprechen auf die Behandlung und die Prognose haben, werden in aktuellen Klassifikationssystemen jedoch oft zusammengefasst.

Langzeitdaten zu Behandlungsergebnissen speziell für Patientinnen mit luminalem B-Karzinom sind begrenzt, insbesondere im Hinblick auf neuere zielgerichtete Medikamente und Kombinationstherapien.

Zukünftige Forschungsrichtungen

Mehrere laufende Forschungsbemühungen zielen darauf ab, aktuelle Einschränkungen zu überwinden und die Ergebnisse für Patientinnen mit luminalem B-Mammakarzinom zu verbessern. Die Ergebnisse dreier großer Studien – MINDACT, TAILORx und RxPONDER – werden entscheidende Informationen zur Nutzung von Gensignaturen für Chemotherapieentscheidungen bei ER-positiven Erkrankungen liefern.

Die Erforschung molekular zielgerichteter Medikamente ist besonders vielversprechend für Patientinnen mit luminalem B-Karzinom. Es werden Medikamente untersucht, die auf spezifische Signalwege abzielen, die bei diesem Subtyp dysreguliert sind, darunter:

  • PI3K/AKT/mTOR-Inhibitoren
  • CDK4/6-Inhibitoren
  • FGFR-Inhibitoren
  • HDAC-Inhibitoren

Kombinationsstrategien, die mehrere Signalwege gleichzeitig anzielen, könnten die relative endokrine Resistenz überwinden, die bei luminalen B-Karzinomen beobachtet wird. Mehrere Studien testen endokrine Therapien in Kombination mit zielgerichteten Medikamenten sowohl im frühen als auch im fortgeschrittenen Stadium.

Die Verfeinerung von Klassifikationssystemen durch integrierte genomische Daten könnte zu einer präziseren Patientinnenselektion führen. Die Entwicklung standardisierter, reproduzierbarer Tests zur Proliferationsbeurteilung bleibt eine Priorität für Forschung und klinische Praxis.

Quellenangaben

Originaltitel des Artikels: Luminal B Breast Cancer: Molecular Characterization, Clinical Management, and Future Perspectives

Autoren: Felipe Ades, Dimitrios Zardavas, Ivana Bozovic-Spasojevic, Lina Pugliano, Debora Fumagalli, Evandro de Azambuja, Giuseppe Viale, Christos Sotiriou und Martine Piccart

Veröffentlichung: Journal of Clinical Oncology, Volume 32, Nummer 25, 1. September 2014

Hinweis: Dieser patientenfreundliche Artikel basiert auf begutachteter Forschung, die ursprünglich im Journal of Clinical Oncology veröffentlicht wurde. Er bewahrt alle signifikanten Ergebnisse, Datenpunkte und Schlussfolgerungen der wissenschaftlichen Publikation, macht die Informationen jedoch für gebildete Patientinnen zugänglich.